piwik no script img

Mein Marathon macht mich mobil

Tüftler entwickelt ein 1,5-Liter-Auto: Eine Tankfüllung reicht bei sparsamer Fahrweise für 4.000 Kilometer. Dafür hat er auf allen elektrischen Schnickschnack verzichtet. Jetzt werden Partner für die Produktion gesucht

Ist das 3-Liter-Auto schon veraltet? Der 35-jährige Münchener Ulrich Sommer ist davon überzeugt. Er hat einen Pkw entwickelt, der als Viersitzer nur 1,5 Liter Sprit auf 100 Kilometer benötigt. Das Prinzip seines Fahrzeugs, das er „Marathon“ nennt, ist einfach: „Wir reduzieren uns auf das Notwendige.“

Das größte Hindernis bei allen Versuchen, den Benzinverbrauch zu senken, ist das Gewicht der Fahrzeuge; mit immer mehr Technik treiben es die klassischen Automobilbauer in die Höhe. Sommer hat nun den Marathon mit einem Leergewicht von 370 Kilogramm konstruiert, indem er auf elektrischen Schnickschnack verzichtet – übrigens auch auf Servolenkung und -bremse. Das sei die „Rückbesinnung auf die eigentliche Funktion des Autos“, sagt Sommer.

Natürlich hat er den gesamten Aufbau optimiert. Die Stirnfläche seines Fahrzeugs liegt mit nur 1,1 Quadratmeter niedriger als die eines jeden Serienautos. Und auch der Luftwiderstandswert (Cw-Wert), der im Windkanal mit 0,19 gemessen wurde, ist besser als bei jedem bislang bekannten Fahrzeug. Mit acht Zentimeter breiten Reifen reduziert Sommer auch die Rollreibung.

Eine wichtige Voraussetzung für die gute Stromlinienform und die Statik des Marathon ist die Anordnung der Sitze. Wie beim „Janus“ von Zündapp in den 50er-Jahren sitzen die Fahrgäste im Fond mit Blick nach hinten. So kann das Heck des Fahrzeugs aerodynamisch zulaufen.

Die Sicherheit sei gut, sagt der Tüftler. Das 3,60 Meter lange Fahrzeug verfüge über eine Knautschzone von 50 Zentimetern, und bei einem Crash würden die Kräfte durch Längsträger sehr gut abgefangen. So sei der Fahrgastraum stabil. Die Karosserie besteht aus einer Kunststoff-Außenhaut, die Struktur gibt ein Stahlgerüst.

Am Motor hat Sommer fürs Erste noch nichts verändert. Ein moderner Zwei-Zylinder-Dieselmotor mit 25 PS (18 kW), mit Pumpe-Düse-Direkteinspritzung, Turbolader und Rußfilter könne den Marathon in 15 Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen, bei einer abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 130 Kilometer pro Stunde, sagt der Ingenieur. Durch einen 36 Liter fassenden Tank verfüge das Fahrzeug über eine Reichweite von 2.400 Kilometern und komme bei sparsamer Fahrweise gar bis auf 4.000 Kilometer. Bislang besteht das Fahrzeug allerdings nur aus einem Datensatz im Computer. Doch der Tüftler weiß, wovon er redet: Er ist als Konstrukteur bei der Münchener Firma Ruetz Technologies seit fünf Jahren im Fahrzeugbau tätig. Seine Motivation: Er hatte es einfach satt, dass die Automobilbranche noch immer an Konzepten arbeitet, die im Sinne einer Energieeinsparung wenig zielführend sind.

In Kürze möchte der Ingenieur mit dem Bau eines Prototyps beginnen. Dann hofft er auf ein Unternehmen, das mit ihm eine Kleinserie startet. Im Jahr 2003 könnten die ersten Marathons vom Band laufen, sagt Sommer. Er hofft besonders aus den Reihen der deutschen Technologiefirmen auf Unterstützung – weniger auf die klassischen Autobauer. Denn die Experimentierfreudigkeit von Newcomern sei zumeist größer. Mit einem Einstieg in den Marathon könnten die Firmen auch ihr Image trimmen, glaubt der Tüftler. Denn ein solches Auto präsentiere sich als dynamisch und flexibel. Bei einem Verkauf von 10.000 Fahrzeugen im Jahr sei ein Stückpreis von 20.000 Mark möglich. Doch um mehr Käufer zu finden, müsste sich auch politisch noch einiges tun: „Richtig attraktiv wird mein Konzept bei einem deutlichen Anstieg des Benzinpreises.“ BERNWARD JANZING

Infos: www.easy-moving.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen