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Schüler treffen Unternehmer

Sechs Schulen kommen heute ins Ludwig-Erhard-Haus, um der Wirtschaft ihre Dienstleistungen anzubieten

Wer würde sich nicht mit Vergnügen daran erinnern: Wirtschaft in der Schule. Von Ökonomie erfuhr man in der einen Stunde „Wirtschaft und Recht“ oder, gut verborgen, in Sozialkunde. Wobei es eigentlich nur darum ging, wie furchtbar überlegen die soziale Marktwirtschaft der Wirtschaftsform von „drüben“ doch war. Das soll nun anders werden. Heute treffen sich Industrie, Mittelstand, Unternehmer – und ein halbes Dutzend Schulen.

Ziel der Veranstaltung ist es, die Distanz zwischen den Firmen-Chefs und den Pädagogen abzubauen. Denn, so verrät ein Papier der Industrie-und Handelskammer (IHK), „Betrieb und Schulen wissen zu wenig voneinander“. Die bürokratischen Lehranstalten zu wenig von der Arbeitswelt; die Kaufleute und Fabrikanten ihrerseits „sind oft zu wenig darüber informiert, was sich in der Lebenswelt der Jugendlichen informiert hat.“

In ihrem Einladungsschreiben erwähnen die Wirtschaftslobbyisten sehr pflichtbewusst, „dass Schule nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden darf“. Doch gemessen an dem Selbstbewusstsein, mit dem die Schulen in die IHK – Vorhalle des Kapitalismus, nahe des Kurfürstendamm – einziehen, ist das offenbar gar nicht das Thema.

Die Vorstellungen der Lehrer und Schüler für das Treffen sind jedenfalls präzise. Fast mutet es an, als wollten die Schulen die Betriebe an die Hand nehmen. Natürlich buhlen die Gesamt- und Oberschulen um Praktikumsplätze. Aber die Schüler offerieren mehr Dienstleistungen, als die Mittelständler werden abfragen können.

„Konvertsationskurse in Englisch für Firmenangehörige“ bietet etwa die Heinrich-von-Stephan-Oberschule an. Die Pennäler wollen in „Textverarbeitung und Internet“ einführen und durch ihre kochende Schülerfirma Cateringdienste verkaufen. Die Prenzlberger Kurt-Schwitters-Schule kommt defensiver ins Ludwig-Erhard-Haus, quasi als Kunde: „Feste Beziehungen zu ein oder mehreren Betrieben“ würden die Schwitters-Zöglinge gern mitnehmen. Und, da dürfte der eigentliche Wert möglicher Kooperationen zwischen Mittelstand und Schulwesen liegen: Mehr Orientierung für Jugendliche am Ausbildungsmarkt.

Gespannt werden die Bündnisgrünen das Zusammentreffen von Schule und Wirtschaft verfolgen. Die von ihnen aus Fraktion und Abgeordnetenhaus hinaus komplimentierte grüne Sybille Volkholz hat für die IHK den Job der Koordination übernommen. Wieviel die grüne Volkholz selber von mikroökonomischen Prozessen versteht, weiss man nicht. Aber die streitlustige Ex-Senatorin hat einige der besten Berliner Schulen ins Ludwig-Erhard-Haus holen können. Der Rest wird sich weisen. CHRISTIAN FÜLLER

Heute 18 Uhr: Partnerschaft Schule-Betrieb, IHK, Fasanenstraße 23.

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