: Unverbindliches Frauenpapier
Das geplante Gesetz von Ministerin Bergmann (SPD) zur Gleichstellung von Frauen droht ein Papiertiger zu werden. Die Grünen schlagen verbindlichere Regelungen vor
BERLIN taz ■ Sie wollten zwarnicht den Eindruck erwecken, aber es klang wie ein Menetekel: Drei Tage bevor Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) die Eckpunkte für ihr neues Gleichstellungsgesetz vorstellen will, erklärten Grünen-Chefin Renate Künast und die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Irmingard Schewe-Gerigk, was in einem solchen Gesetz eigentlich stehen müsste.
Die bisherigen CDU-Frauenministerinnen hatten versucht, die Wirtschaft mittels Prädikatsvergabe zu mehr Frauenförderung zu bewegen: Wer einen Frauenförderplan aufstellte, familienfreundliche Arbeitszeiten oder Betriebskindergärten einrichtete, der konnte sich, wie Künast es gestern nannte, „eine Medaille umhängen“ und wurde lobend erwähnt. Solche Zertifikate erwarb sich bisher eine Minderheit von etwa 50 der 3 Millionen Unternehmen in Deutschland, Tendenz: stagnierend.
Ein „Gleichstellungsgesetz mit Biss“ hatte Christine Bergmann deshalb versprochen, festgelegt in den Koalitionsvereinbarungen, angekündigt in ihrem Programm „Frau und Beruf“. Was dafür notwendig wäre, wiederholten gestern noch einmal die beiden Frauenpolitikerinnen der Grünen: verbindliche Gleichstellungspläne, in größeren Unternehmen auch Beauftragte, die diese überwachen, ein Verbandsklagerecht gegen Diskriminierung, quotierte Betriebsräte Nicht zuletzt soll Frauenförderung zur Bedingung dafür gemacht wird, dass Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten.
Künast und Schewe-Gerigk wiesen ein weiteres Mal darauf hin, dass Deutschland im internationalen Vergleich weit abgeschlagen ist, was Frauen in Führungspositionen betrifft. In den USA sind 46 Prozent der Führungskräfte weiblich, in der BRD sind es magere 6 Prozent. Ausnahmsweise wolle man hier einmal „amerikanische Verhältnisse“, erklärte Künast.
Erreicht haben die USA ihre Quote allerdings nicht mit Zertifikaten für Wohlverhalten, sondern mit strengen gesetzlichen Regelungen. Die scheinen aber in Bergmanns Eckpunkten bisher nicht vorgesehen zu sein. Deshalb bat Irmingard Schewe-Gerigk gestern den Kanzler um Hilfe bitten? „Ich fordere Herrn Schröder auf, der Wirtschaft klarzumachen, dass wir ein scharfes Gesetz brauchen. Betriebliche Gleichstellung muss Chefsache sein“, erklärte sie.
Wirtschaftsminister Müller hat schon vorsorglich erklärt, ein Gesetz sei nicht nötig. In all ihren gutwillig eingerichteten „Dialogforen“ traf Ministerin Bergmann auf mauernde Unternehmer. Schröder hat bisher nur kategorisch erklärt, dass es gesetzliche Regelungen, die der wirtschaftlichen Prosperität schaden, mit ihm nicht geben werde.
Nun berichten Insider, dass das Gesetz etwa lediglich bestimmen soll, dass der Betriebsrat Frauenfördermaßnahmen mit der Firmenleitung vereinbart, welche genau, das bliebe den Firmen überlassen. Für das Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft ist das Schlimmste zu befürchten: ein weiterer Papiertiger in der Sammlung bundesdeutscher Frauengesetzgebung.
HEIDE OESTREICH
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