piwik no script img

800.000 Liter Öl mehr

Opec beschloss höhere Fördermengen. Ob das reicht, um den Ölpreis zu senken, ist fraglich

von MAIKE RADEMAKER

Der Ölpreis ist so hoch, weil die Europäische Union zu viele Steuern auferlegt hat, mäkelte die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) noch letzte Woche und ließ sich dann doch breitschlagen: Täglich 800.000 Barrel mehr werden nun in Kürze gefördert, beschlossen die elf Opec-Fachminister gestern auf ihrem Treffen in Wien. Nach Schätzungen von Experten ist das das Minimum, um eine Entspannung auf dem Ölmarkt zu erreichen.

Weil das Treffen der Opec stattfand und die Spekulanten mit einer Fördererhöhung rechneten, sank am vergangenen Freitag immerhin der Barrelpreis am Londoner Ölmarkt um 1,70 Dollar auf 32,5 Dollar.

Die Entscheidung der französischen Regierung, die Dieselsteuer für Lkws um 10,5 Pfennig zu senken, ließ auf den französischen Straßen Ruhe einkehren. Hingegen fingen in mehreren anderen europäischen Ländern die Diskussionen und Blockaden am Wochenende erst richtig an. In Uelzen und Hildesheim folgten Lkw-Fahrer dem französischen Vorbild, blockierten für Stunden die Straßen und forderten eine Steuerreduzierung. Die CDU will laut Focus wieder eine Kampagne gegen die Ökosteuer starten. Der Präsident des Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Herrmann Grewer, sprach in einem Brief an Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier gar von einer „unbeherrschbaren, verzweifelten und aggressiven“ Situation. Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) stellte Hilfe für die Spediteure in Aussicht, präzisierte diese Hilfe allerdings nicht.

Auch in Großbritannien breitet sich der Protestvirus aus. So wird seit Freitag in Liverpool an einer Shell-Raffinerie demonstriert, an anderen Raffinerien Englands haben Blockaden begonnen. Der Literpreis für Benzin liegt dort derzeit bei umgerechnet 2,60 Mark, 75 Prozent davon entfallen auf die Mineralölsteuer.

In Italien blockierten Fischer am Samstag aus Protest gegen die hohen Schiffsdieselpreise Hafenkais im ganzen Land. Irische Lastwagenfahrer kündigten für kommende Woche ebenfalls wegen der hohen Dieselkosten landesweite Aktionen an.

Gleichzeitig haben die EU-Finanzminister auf ihrem Treffen in Versailles am Wochenende ausdrücklich betont, dass sie nicht bereit sind, die Mineralölsteuer zu senken. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte, es herrsche unter den Ministern „breite Übereinstimmung“, dass eine Reduzierung der Mineralölsteuern eine falsche Antwort auf die hohen Ölpreise wäre. Eine Absenkung der Steuern wäre ein „falsches Signal“ an die Opec und die Mineralölkonzerne, da diesen damit Raum für weitere Preiserhöhungen geschaffen würde. Unglücklich war man wohl vor allem mit dem Signal, das Frankreich mit seinem Alleingang gegeben hat. Eichel nannte es ein Problem, dass Frankreich die Steuerentscheidung vor dem Treffen der Finanzminister getroffen hat.

Als Ursache für den Konsens bei der Opec gilt der Druck, den das Asiatische-Pazifische Wirtschaftsforum (Apec), dem weitere große Ölproduzenten wie Indonesien und Mexiko angehören, und die EU-Finanzminister unabhängig voneinander auf die Opec ausübten. Beide Gruppen forderten, die Fördermengen so zu erhöhen, dass der Preis sinkt. Hinter dieser Forderung der Apec und der der europäischen Finanzminister steht die Befürchtung, dass die anhaltend hohen Preise das weltweite Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnten und inflationäre Gefahren bergen. Eichel schloss allerdings eine Absenkung der Wachstumsprognose für das laufende Jahr aufgrund des Ölpreises aus.

Der Ölpreis hat sich seit Jahresbeginn auf 32,5 Dollar verdreifacht, nachdem er am Anfang des Jahres auf ein Rekordtief etwas über 10 Dollar gefallen war. Ursache für den höchsten Preis seit zehn Jahren sind neben den Steuern und der Knappheit, die die Opec verordnet hat, Spekulationen auf den Terminmärkten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen