piwik no script img

jugendkriminalitätAnstand ist ein Kinderspiel

Auf die Berliner Jugend ist einfach kein Verlass mehr. Noch vor kurzem waren die jungen Leute für jedes Verbrechen zu haben. Jetzt aber haben selbst die chronisch anständigen Bayern die Hauptstadt abgehängt: Die Zahl der von deutschen Kindern begangenen Straftaten ist im Bundesdurchschnitt seit 1993 um 86 Prozent gestiegen, Spitze waren dabei die Bayern mit 163 Prozent. Als hochanständig erweisen sich dagegen die Kinder vom Bahnhof Zoo und Umgebung; hier stiegen die kindlichen Straftaten gerade einmal um 8 Prozent. Und das, obwohl die ältere Generation mit alles anderem als gutem Beispiel vorangeht – 16.864 Straftaten je 100.000 Einwohner bringen die Stadt an die Spitze der Statistik.

Kommentar von ANDREAS SPANNBAUER

Was also ist los mit Berlins brutalsten Jugendbanden? Sind plötzlich weiße Westen der neueste Jugendtrend? Selbst auf volkszornerregende Reportagen, in denen junge Türken ihren Mitschülern ein fröhlich-bedrohliches „Dein Fahrrad gefällt mir, Alter“ zurufen, müssen wir künftig verzichten: Der Anstieg der Straftaten von nichtdeutschen Kindern lag bei, jawoll, 0,1 Prozent. Da hilft selbst der verzweifelte Versuch vom Frühjahr nicht mehr, den Fall des 15-jährigen Messerstechers Erdal A. zum Exempel für die Bösartigkeit ausländischer Jugendlicher zu stilisieren. Was soll nur aus den rechtschaffenen Ausländerkindern werden, wenn sie dem Ruf nach Integration folgen?

Eine erste Maßnahme zur Bekämpfung der Kinderkriminalität liegt also auf der Hand: Die Durchführung des bayerischen Oktoberfestes auf dem Gendarmenmarkt ist mit sofortiger Wirkung zu verbieten. Vorausgesetzt, die Berliner Jungs und Mädels sind nicht einfach klüger als ihre Altersgenossen jenseits des Weißwurstäquators – und haben sich schlichtweg seltener erwischen lassen.

meldung SEITE 20

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen