Berufsunwürdiges Verhalten

Ein ärztlicher Gutachter bescheinigte eine Allergie gegen Schwarze. Jetzt drohen dem Mediziner Konsequenzen

BERLIN taz/dpa ■ Der Botschaftsrat von Südafrika ist empört. Eine Allergie gegen Schwarze. Ellwyn Beck kann sich das nicht vorstellen. Ebenso wenig vorstellen kann sich das die Ärztekammer der Hansestadt Hamburg. Sie hat gegen den Internisten Walter Weber ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet hat. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Arzt.

Walter Weber hatte einer 66-jährigen Rentnerin in einem Gerichtsgutachten bescheinigt, dass sie beim Kontakt mit Menschen schwarzer Hautfarbe mit psychosomatischen Beschwerden reagiere. Dies sei „durchaus glaubwürdig“, da ja Menschen auch auf Katzen allergisch reagieren würden, so der Gutachter Weber vor Gericht.

Die Rentnerin hatte in einem Intercity einen Studenten aus Kamerun mit den Worten angegriffen: „Gehen Sie weg, ich habe eine Allergie gegen Schwarze.“ Daraufhin erhielt die 66-Jährige ein Strafbefehl wegen Beleidigung über 900 Mark, den sie mit dem Attest des Arztes anfocht.

Erfolglos. Das Amtsgericht Hannover verurteilte sie vorige Woche Donnerstag wegen Beleidigung. Zahlen muss die Rentnerin zwar nur 450 Mark, Richterin Beatrix Homann erfüllte damit aber die Forderungen der Staatsanwaltschaft, die nach Anhörung der Zeugen für eine geringere Strafe plädiert hatte. „Das Gutachten des Arztes hat bei der Verurteilung keine Rolle gespielt“, sagt der Pressesprecher des Amtsgerichts Hannover. Das Gericht habe die Aussagen der Rentnerin unabhängig von dem Attest als Beleidigung eingestuft. „Auch wenn der Arzt Recht hat, hätte die Rentnerin dem Afrikaner im Zug aus dem Weg gehen können“, erklärt er das Urteil des Gerichts.

Offen ist nun, ob das Gutachten für den Arzt Konsequenzen hat. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet. Das Gutachten Webers liegt ihr vor, die Akten des Amtsgerichts Hannover sind angefordert. „Wenn die Unterlagen hier sind, muss geprüft werden, ob der Vorgang strafrechtlich relevant ist“, sagte Staatsanwaltssprecher Rüdiger Bagger.

Die Ärztekammer Hamburg will klären, ob sich der Internist „berufsunwürdig“ verhalten habe. Es werde zunächst geprüft, was den Mediziner veranlasst habe, ein derartiges Attest auszustellen.

In der südafrikanischen Botschaft äußert man sich zu den Ermittlungen diplomatisch distanziert. Botschaftsrat Ellwyn Beck: „Wir beobachten den Fall mit Interesse.“

RALF GEISSLER