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Sturmmöwen bald heimatlos

■ Senat nutzt Hafenprivileg als Freibrief für Gewerbeansiedlung: Die letzte große Hafenbrache soll versiegelt werden.

Die Hälfte von Hamburgs Sturmmöwen ist möglicherweise bald ihre Brutplätze los. Wie Jörg Oellerich vom Amt für Strom- und Hafenbau bestätigt, gibt es Interessenten für die Brachfläche neben dem Tanklager am Blumensandhafen, auf der 300 Möwenpaare ihre Nester gebaut haben. Was die Umweltverbände Nabu und BUND besonders erbost: Das Grundstück sollte eigentlich geschützt werden, nachdem anderswo im Hafen wertvolle Naturareale versiegelt wurden. „Diese Fläche ist die allerletzte große Hafenbrache“, warnt der BUND-Vorsitzende Harald Köpke.

Das Gelände hat es unter zoologischen und botanischen Aspekten in sich: Weil der nährstoffarme Boden weder gedüngt noch gespritzt wird, wachsen seltene Pflanzenarten. Kein Hund oder Spaziergänger verschreckt die Vögel, so dass Rebhühner, Säbelschnäbler, Brandgänse, Zwergseeschwalben und Sturmmöwen ungestört brüten können. Sogar zwei Paare Schwarzkopfmöwen wurden neben dem Blumensand-Hafen entdeckt. In ganz Deutschland brüteten weniger als 30 Paare.

Die Umweltverbände werfen dem Amt für Strom- und Hafenbau vor, das Recht gebrochen zu haben, indem es Landflächen im Hafen versiegelte, ohne dafür einen Ausgleich zu schaffen, wie es das Hamburgische Naturschutzgesetz gebietet. Mitarbeiter der Umweltbehörde räumten gegenüber dem BUND ein, die Ausgleichsregelung sei in der Vergangenheit „nicht immer mit hinreichender Konsequenz angewandt worden“.

Die Verbände gehen aber noch weiter: Das Verändern von Gewässern und Kais im Hafen per Landesgesetz von der Ausgleichsregelung auszunehmen, widerspreche dem Bundesnaturschutzgesetz. Manfred Braasch vom BUND verlangt deshalb: „Unter dieser Regierung muss mit der Privilegierung des Hafens aufgehört werden.“ Senat und Bürgerschaft müssten bei der Novelle des Naturschutzgesetzes nachbessern. Gernot Knödler

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