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CDU WILL EINWANDERER AUF GRUNDGESETZ SCHWÖREN LASSENEin Vorschlag in die falsche Richtung

Bei manchen Vorschlägen ist die Versuchung groß, alle Einwände zu unterdrücken und ihnen aus anderen Gründen als aus inhaltlichen Erwägungen heraus zuzustimmen. Die Anregung des saarländischen CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller, künftig alle Einwanderer auf die Verfassung zu vereidigen, ist ein solcher Vorschlag. Im Zusammenhang mit einem so heiklen Gegenstand wie dem geplanten Einwanderungsgesetz sollte alles getan werden, um weiteren Streit entlang der politischen Lager so weit wie irgend möglich zu vermeiden – so richtig die Erkenntnis auch ist, dass bei anderen Themen die Bemühungen um eine konsensuale Lösung über Parteigrenzen hinweg zur Selbstentmachtung des Parlaments und damit zu einer Bedrohung der Demokratie führen können.

Gestritten wird niemals nur mit dem Kopf, sondern immer auch aus dem Bauch heraus. Spätestens wenn die emotionale Zuspitzung eines Themas zur Gefährdung von Menschenleben führt, muss dieses Thema versachlicht werden. Ein Einwanderungsgesetz ist etwas anderes als eine Steuerreform, und Finanzbeamte können sich im Gegensatz zu anderen Gruppen der Gesellschaft auf deutschen Straßen durchaus sicher fühlen. Nun verprügelt die überwältigende Mehrheit der Deutschen auch keine Menschen, die anders aussehen als die meisten hierzulande. Sie hält es darüber hinaus nicht für richtig, dass einige wenige das tun, und sie dürfte bei dieser Haltung bleiben.

Ungeachtet dessen aber ist die Zahl derer hoch, die sich durch Zuwanderung bedroht fühlen. Wenn ein nennenswerter Teil der Bevölkerung den Eindruck gewinnt, dass diesen Sorgen nicht ausreichend Rechnung getragen wird, dann werden dadurch Abwehr und Furcht vor allem, was fremd erscheint, begünstigt – auch bei vielen derjenigen, die Gewalt grundsätzlich ablehnen. Das Klima, das dadurch entsteht, ist für deutsche und für ausländische Minderheiten bedrohlich. Die Unionspolitiker Friedrich Merz und Edmund Stoiber gehen mit ihrer ressentimentgeladenen Kampagne für die deutsche Leitkultur ja nicht bei Schlägern auf Stimmenfang, sondern an den Stammtischen.

Die Einigung aller Parteien auf ein gemeinsames Einwanderungsgesetz wäre deshalb mehr als wünschenswert. Wenn der Union dieser Schritt durch eine Eidespflicht für Zuwanderer erleichtert wird – muss man dagegen wirklich ankämpfen? Ja, schweren Herzens. Dabei stimmt durchaus nachdenklich, dass Heiner Geißler, der sich in den letzten Wochen mutig gegen den Populismus in den eigenen Reihen gestellt hat, den Vorschlag seines Parteifreundes Peter Müller unterstützt. Er weist darauf hin, dass auch in den USA alle Einwanderer auf die Verfassung schwören müssen. Das stimmt, aber die Ausgangslage ist nicht vergleichbar. Die allgemeine Zustimmung zu den verfassungsmäßigen Grundregeln des Zusammenlebens war in den Vereinigten Staaten überhaupt erst staatsstiftend. Das ist in Deutschland anders, unabhängig von der Zahl künftiger Zuwanderer.

Wenn diesen ein Schritt abverlangt wird, den gebürtige Deutsche nicht gehen müssen, dann erscheint die Einwanderung erneut als ein Verwaltungsakt, der ausschließlich im Interesse des Antragsstellers und nicht auch in dem des Staats liegt. Das ist aber nicht der Fall. Wir brauchen Einwanderung, wie mittlerweile selbst die Unionsparteien einräumen. Darüber hinaus wird durch einen Zwangseid der Verdacht verstärkt, dem zufolge neue Mitbürger eine potenzielle Gefahr für die Regeln unseres Zusammenlebens darstellen.

Dieser Verdacht lässt sich nicht mit einem Bekenntnis der Zuwanderer zum Grundgesetz entkräften. Wer in der Bundesrepublik geltende Gesetze bricht, macht sich strafbar – egal ob mit deutschem Pass oder ohne. Wer einen Schwur auf die Verfassung bricht, bleibt hingegen straffrei. Das haben gerade erst Rechtsexperten einer überraschten Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Vorwurf des gebrochenen Amtseids gegen Helmut Kohl erläutert. Sollte tatsächlich jemand die Einbürgerung mit dem vorrangigen Ziel wünschen, das System zu unterwandern, dann wird er sich von diesem Plan nicht durch einen Eid abbringen lassen. Wie wäre eigentlich mit den Neubürgern im Falle von Grundgesetzänderungen zu verfahren? Müssen sie dann erneut schwören? Die Forderung nach einem Zwangseid weist in eine falsche Richtung. Da ist eine mögliche Kompromisslinie schwer vorstellbar. Leider. BETTINA GAUS

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