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Merkel gibt die Leitlinie vor

Am kommenden Montag will die CDU ein Eckpunktepapier zur Einwanderung vorlegen. Parteichefin Angela Merkel versucht, ihre Kollegen auf Linie zu bringen

BERLIN taz ■ Das Rettungsmanöver ist eingeleitet, die Verlautbarung lakonisch. „Die beiden haben ein Papier entworfen, das jetzt der Parteivorsitzenden vorliegt“, hieß es gestern nach dem Treffen zwischen den Einwanderungsexperten der CDU, Peter Müller und Wolfgang Bosbach.

Eigentlich sollte der saarländische Ministerpräsident Müller erst Mitte nächsten Jahres den Bericht der von ihm geleiteten CDU-Einwanderungskommission vorlegen. Kurzfristig intervenierte Parteichefin Angela Merkel und setzte das Thema auf die Tagesordnung der Präsidiumssitzung am kommenden Montag. Müller und Fraktionsvize Bosbach bekamen den Auftrag, bis dahin Eckpunkte auszuarbeiten.

Warum die plötzliche Eile? Mit ihrer Intervention gesteht Merkel ein, dass die Union in der Einwanderungspolitik in die Defensive geraten ist. Hatte die CDU anfangs noch gehofft, die Regierung in dieser Frage vor sich hertreiben zu können, stolperten die Akteure bei ihren Manövern immer öfter übereinander.

Nachdem Bosbach im Juni ein 19-seitiges Diskussionspapier mit dem Titel „Zuwanderungsbegrenzung und Zuwanderungssteuerung“ vorgestellt hatte, zettelte Fraktionschef Friedrich Merz nach der Sommerpause den Leitkulturstreit an.

Parallel versuchte Müllers Kommission der rot-grünen Einwanderungskommission Paroli zu bieten. Bissig fragte deshalb der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers letzthin im Parteipräsidium: „Was gilt jetzt eigentlich?“ In der Bundestagsfraktion kritisierte Volker Rühe den Kompetenzwirrwarr.

Das gestern vorbereitete Eckpunkte-Papier, heißt es in der Fraktionsführung, soll nun „die Sprachlosigkeit überwinden, die in der Fraktion beklagt wurde“. Im Klartext bedeutet das, dass die lautstarken Äußerungen von Merz selbst von seinen Getreuen nicht als ausreichend empfunden werden.

Zugleich wird die großzügige Terminplanung der Müller-Kommission als eine Bremse in der tagespolitischen Auseinandersetzung gesehen. „Wir können ja nicht nur sagen, irgendwann im nächsten Jahr ist Peter Müller fertig“, sagt ein Leidtragender.

Auf die Auseinandersetzung um die Leitkultur war die Union deshalb inhaltlich noch nicht vorbereitet, meint Bülent Arslan, der als Vertreter des Deutsch-türkischen Forums der CDU in der Müller-Kommission sitzt. „Mir hat die Reihenfolge nicht gepasst“, sagt Arslan. Erst als die „irrsinnige Diskussion“ bereits losgetreten war, habe die CDU versucht zu erklären, was sie mit dem Begriff meinte. Welchen Standort die CDU mit ihren Eckpunkten beziehen will, wird sich nicht zuletzt daran zeigen, wie dort die Idee der Leitkultur auftaucht.

Bosbach und Müller beschränken sich auf eine lobende Erwähnung der „Grundzüge unserer Kultur und Geschichte“. Ob dem CDU-Präsidium das Wort „Leitkultur“ doch noch zur Abstimmung vorgelegt wird, will Parteichefin Angela Merkel bis Montag früh persönlich entscheiden. PATRIK SCHWARZ

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