Italien streitet sich

Die oppositionell regierten Regionen Venetien und Sizilien machen Front gegen die Zentralregierung

ROM taz ■ Heute beginnt in Italien die Beratung einer schon von der Abgeordnetenkammer beschlossenen Regierungsvorlage über einen föderalen Umbau des Landes. Glaubt man den proföderalistischen Bekenntnissen quer durch alle Parteien, müsste die Verabschiedung leicht sein. Doch das Gegenteil ist wahr: Im Verhältnis zwischen der Regierung Amato und den von Berlusconis Mitte-rechts-Block beherrschten Regionen stehen die Zeichen auf Sturm. Gleich zwei Regionen suchten den frontalen Zusammenstoß mit der Zentralmacht.

Im nordöstlichen Venetien paukte der Regionalpräsident von Forza Italia, Giancarlo Galan, einen Beschluss für eine Volksbefragung über eine neue Regionalverfassung durchs Parlament. Zwar können die Regionen in Zukunft eigene Verfassungen verabschieden; Volksbefragungen dazu sind aber bisher nirgends vorgesehen. Dies nahm die Zentralregierung zum Anlass, das Referendum zu untersagen. Venetiens Präsident Galan reagierte undiplomatisch: Er werde die Volksbefragung gleich noch mal verabschieden lassen.

Dass es ihm und seinem nationalen Chef Berlusconi um Wahlkampf geht, zeigen die Referendumsfragen. Da sollen die Bürger ihrer Region Kompetenzen im Gesundheitswesen, in der Berufsbildung, in der Organisation der örtlichen Polizeikräfte zusprechen – Kompetenzen, die die Regionen schon lange haben. Doch die Referendumskampagne sorgt dafür, dass der rechte „Pol der Freiheit“ sich im Verein mit der Lega Nord als staatsfern präsentieren kann.

Ganz anders ist die Kampagne ausgerichtet, die zugleich in Sizilien begann. In der letzten Woche beschloss die sizilianische Regionalversammlung, mehr als 150.000 Schwarzbauten an den Küsten nachträglich zu legalisieren. Dieser Beschluss erklärt nicht nur ein Regionalgesetz von 1978 für Makulatur, das Bauten im Abstand von weniger als 150 Meter vom Strand generell untersagt. Er richtet sich auch direkt gegen die Politik der Zentralregierung, die zur Sanierung verschandelter Gegenden auch Abrisse vorsieht. Über Kilometer ziehen sich in Sizilien illegale Siedlungen direkt an der Küste entlang, wurden die Ferienhäuser in Naturschutzgebieten, ja teilweise direkt auf die Strände bis ans Wasser gebaut. Den hunderttausenden illegalen Häuslebesitzern ist die Legalisierung hochwillkommen.

Es mag sein, dass die Regierung in Rom die Auseinandersetzungen mit Venetien und Sizilien gewinnt. In der politischen Auseinandersetzung mit Blick auf die im nächsten Frühjahr anstehenden Parlamentswahlen ist sie jedoch in die Defensive geraten. MICHAEL BRAUN