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No risk no fun

Zurück kommt keiner: Ein Besuch auf dem Winter-Dom könnte gefährlich werden. Wichtige Voraussetzung: Sitzen können  ■ Von Thomas Pauly

Der Winter-Dom hat begonnen, und an allen Ecken lauern Gefahren. Wer fest dazu entschlossen ist den Airwolf zu besteigen oder sich in Achterbahnen verdrehen zu lassen, sollte mit offenen Augen über das „größte Volksfest des Nordens“ spazieren. Die Schausteller bemühen sich immerhin und geben Hiweise: An der Geisterbahn Monsterbrut heißt es schlicht: „Zurück kommt keiner.“ Bevor er Fahrgäste durch die Luft schleudert, rät der Fighter: „It's time to say goodbye.“

Der Rotor ist eine Art Geisterbahn, bei der sich alles dreht und die existenzbedrohende Probleme bereiten könnte: „Die Schwerkraft unserer Besucher wird unabhängig von Gewicht und Größe völlig aufgehoben. Dies geschieht mit Hilfe einer einfachen physikalischen Formel, die Wissenschaftler der NASA herausgefunden haben“, informiert eine Tafel.

Anders hingegen der Countdown. Bei diesem Geschäft werden die Fahrgäste auf 54 Meter Höhe geschoben, um dann mit vierfacher Erdanziehungskraft nach unten zu fallen. Die Aufschrift „No risk no fun“ am Kassenhäuschen soll skeptische Dom-BesucherInnen ermuntern. Andere Schilder stimmen jedoch kritisch: „Aufgrund der auftretenden Belastungen dürfen Personen, die an Wirbelsäulen- oder Bandscheibenschäden und Bluthochdruck leiden, Herz- und Kreislaufkranke sowie Schwangere nicht mitfahren.“ Außerdem draußen bleiben müssen alle, die aufgrund von Körpergröße oder Umfang „keine normale Sitzhaltung einnehmen können“. Und: „Betrunkene und Berauschte sind von der Fahrt auszuschließen.“ Wer immer noch nicht zu einer der gefährdeten Gruppen gehört und sich drauf traut, sollte wenigstens den Haltebügel fest schließen.

Die Achterbahn Star World wartet mit einer ebenso langen Liste auf und ergänzt: „Einsteigen, aufsteigen, abdrehen ins Weltall.“ „Wir haben in Deutschland so einen strengen TÜV, das geht gar nicht anders“, erklärt Schausteller Rudolf Rohbrahn den Schilderwald. Seit drei Jahren baut er auf dem Dom seinen Countdown auf. Einmal im Jahr schaut sich der TÜV aus München das Fahrgeschäft an, der Hamburger TÜV kommt vor Dom-Beginn vorbei. „Toi, toi, toi“, klopft Rohbrahn sich an den Kopf, bisher sei noch nichts passiert. Selbst kotzen müsse man nach einer Fahrt auf seiner Rakete nicht.

Dafür sind andere zuständig. Die Achterbahn Olympia Looping, beispielsweise. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h geht es in 30 Meter Höhe durch Neigungswinkel von 90 Grad und fünf Loopings. Oder die grosse „Bayern-Festhalle“. Auf der Karte: Literweise Weißbier und „ganze Schweinshaxe, über 600 Gramm, mit Sauerkraut und Brot“.

Wer sich trotzdem nicht vom Dom-Besuch abhalten lassen will, sollte vor der Fahrt mit dem Countdown zumindest bei einer kleinen Bude für „chinesisches Horoskop“ vorbeischauen. Dort gibt es für 10 Mark die Vorhersage für die nächsten drei Monate. Ein Computerausdruck warnt „vor ungünstigen Tagen und Gefahren“.

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