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Fleißige Vorbilder im Osten

Expertenkommission schlägt Einsparung von 200 Millionen Mark jährlich vor: West-Beamte sollen mehr arbeiten, Bezirke weniger ausgeben, Topbeamte aber mehr verdienen. Senat: Wir prüfen

von RALPH BOLLMANN

Mehrarbeit für die Beamten, Kürzungen bei den Bezirken, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: So kann das Land nach den Vorschlägen einer Expertenkommission unter dem Vorsitz des früheren Verteidigungsministers Rupert Scholz (CDU) in den kommenden Jahren rund 200 Millionen Mark einsparen. Der Staat solle sich auf seine hoheitlichen Kernaufgaben konzentrieren, sagte Scholz, der gestern den ersten Zwischenbericht der Kommission vorstellte.

Die Arbeit der Experten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung leidet allerdings darunter, dass es noch immer keine verlässlichen Zahlen über die Kosten einzelner Verwaltungsvorgänge gibt. Offenbar ist nicht einmal bekannt, wie viel Geld das Land Berlin insgesamt für Personal ausgibt – einschließlich der ausgegliederten Bereiche wie etwa der Universitäten.

Der Leistungsvergleich zwischen den Bezirken, der im nächsten Jahr beginnen soll, birgt nach Schätzung der Kommission ein Sparpotenzial von 110 Millionen Mark bei den weniger effizient arbeitenden Ämtern. Außerdem schlagen die Gutachter vor, dass die Stadtratsposten künftig nicht mehr unter den Parteien ausgekungelt, sondern in einer offenen Ausschreibung besetzt werden.

An einer Stelle allerdings sind Mehrausgaben vorgesehen: Die Spitzenbeamten sollen mehr Geld erhalten als bisher. Der Rückstand gegenüber anderen Bundesländern habe zu einem „schleichenden Qualitätsverlsut des Berliner Landesdienstes“ geführt – nicht eben ein Kompliment. Dass ein solcher Schritt in Zeiten des Sparens „nicht in die Landschaft passt“, wollen die Experten nicht gelten lassen: Dies Argument verhindere die Gehaltserhöhung seit 20 Jahren.

Den rund 32.000 Westberliner Beamten empfiehlt das Gremium die rund 12.000 Ostberliner Kollegen als Vorbild: Sie sollen statt nur 38,5 Stunden wieder 40 Stunden pro Woche arbeiten. Und während der Ausbildung sollen sie künftig auf Bafög angewiesen sein: Die bezahlte Ausbildung an der Fachhochschule für Verwaltung soll in gewöhnliche Hochschulen integriert werden.

Unter den einzelnen Ressorts hat die Scholz-Kommission bislang nur die Verwaltungen von Bausenator Peter Strieder (SPD) und Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) unter die Lupe genommen – mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis: Strieder soll sein Personal wegen gesunkener Bautätigkeit drastisch reduzieren und außerdem die Bauaufsicht privatisieren, Branoner soll das schon lange beklagte Dickicht der Berliner Wirtschaftsförderung lichten.

Der Senat wollte sich gestern noch nicht festlegen, welche Anregungen er aus dem Papier übernehmen will. Senatssprecher Michael-Andreas Butz sagte, der Zwischenbericht sei eine „Diskussionsgrundlage“, die „einer gründlichen Prüfung durch den Senat“ bedürfe.

Deutlichere Kritik gab es gestern von der Gewerkschaft ÖTV. Die Landesvorsitzende Susanne Stumpenhusen sagte, dem Kommissionspapier liege ein völlig falsches Staatsverständnis zugrunde. Es gehe nicht um Privatisierung, sondern um Modernisierung der Verwaltung.

Die SPD-Verwaltungsexpertin Kirsten Flesch sagte, ihre Partei fühle sich in vielen Forderungen zur Verwaltungsreform bestätigt. Der PDS-Abgeordnete Marian Krüger begrüßte zwar die Kritik der Gutachter an der Senatspolitik, nicht aber die „sozial unausgewogene“ Richtung dieser Kritik. Camilla Werner (Grüne) betonte, unter den Vorschlägen seien viele, „die wir seit Jahren vergeblich dem Senat unterbreiten“. Der Senat dürfe jetzt nicht „unbequeme, aber dringend notwendige Idee in der Schublade verschwinden lassen“.

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