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Ich hab eine Kameradin ...

Seit gestern sind die ersten Rekrutinnen in den Kasernen. Doch wie funktionieren diese unbekannten Wesen eigentlich? Die taz dokumentiert aus dem offiziellen Bundeswehrknigge. Die wichtigsten Körperteile – zum Ausschneiden und Aufhängen im Spind

Der Kopf:

Die Haare dürfen erst mal dranbleiben, dezenter Schmuck und Make-up sind erlaubt. Darunter vermuten die Bundeswehrstrategen bei den Frauen sozialisationsbedingt weniger aggressives Verhalten als bei Männern und eine größere Teamfähigkeit. Der psychische Durchhaltewillen sei bei Frauen höher als bei Männern: „Frauen geben nicht so leicht auf und sind bereit, sich mehr zu quälen.“ Und die berühmte weibliche Emotionalität? „Gelegentliche Gefühlsausbrüche sind unerheblich. Sie bewirken unter anderem einen schnelleren Stressabbau. Solches Verhalten könnte auch Männern nützen“, ist die bahnbrechende Erkenntnis der Bundeswehr.

Der Mund:

Frauen und Männer sprechen verschiedene Sprachen, ist die neueste Erkenntnis aus dem Zentrum für Innere Führung. „Meinungsverschiedenheiten werden nicht gänzlich zu verhindern sein“ und können sogar „die Grundlage des militärischen Zusammenlebens ernsthaft stören“, dräut es der Armee. Frauen drücken sich eher indirekt aus und stellen mehr Fragen. Zudem erwarten sie vom Gesprächspartner sogar, dass er „sich einfühlt“ und „zwischen den Zeilen liest“. Flirten während der Ausbildung ist übrigens verboten: Darunter leiden nämlich „Konzentration und Leistung“.

Das Ohr:

Wie sag ich’s meiner Soldatin? „Besonders wenn sie erschöpft und gereizt sind, sind sie eher durch Freundlichkeit und Zuspruch zu weiteren Leistungen anzuspornen“, heißt die neueste Erkenntnis aus der bundeswehrinternen Motivationspsychologie. Frauenohren reagieren schlechter als Männerohren auf Gebrüll und Befehlston. Was man tunlichst nicht hineinflüstern sollte, sind Anzüglichkeiten aller Art: Alarmiert durch die Zahlen aus der U. S. Army heißt es bei der Bundeswehr „Null Toleranz“.

Die Schulter:

Ja, sie haben weniger Schulterkraft, die Frauen. Dafür sind sie schneller und wendiger. Vorsicht beim gefürchteten Hilfsimpuls: Obwohl die Kameradschaft gebietet, dass man Schwächeren hilft, muss dies nun bei Frauen sorgfältig dosiert werden: Zum einen könnte man durch „übertriebenes Kavaliersverhalten“ die Frau beleidigen, zum anderen werden die Kameraden neidisch, wenn es Frauen leichter gemacht wird. Leidgeprüfte Sanitätssoldatinnen fordern deshalb immer wieder: „keine Sonderkonditionen“ für Frauen.

Die Brust:

Tja, eher weniger denn mehr zu sehen: Unter der Einheitsuniform verschwinden alle individuellen Formen. In deutschen Kasernen können Busen in Zukunft nur noch unter strengster Geheimhaltung besichtigt werden: Pin-ups in aller Öffentlichkeit gelten als sexuelle Belästigung und sollen geahndet werden. Duschen werden nach Geschlechtern getrennt.

Die Beine:

Entgegen allen Träumen von langbeinigen Schönheiten ist wissenschaftlich erwiesen: Frauen haben proportional kürzere Beine. Sie laufen etwas langsamer und haben weniger Sprungkraft als Männer. Dafür liegt ihr Schwerpunkt niedriger, das heißt: Sie sind beweglicher und rascher bei Drehungen. Weil sie weniger sportorientiert erzogen wurden, kommen sie oft mit einer schwächeren Grundkondition zum Militär und scheitern unter Umständen zunächst an den gesetzten Maßstäben. Nach intensivem Training ziehen sie in der Regel jedoch mit den Männern gleich und übertreffen sie sogar in puncto Ausdauer.

Der Schritt:

Siehe auch Brust. Da das durchschnittliche Soldatenverhalten anscheinend eher analog dem pubertierender Jungs eingeschätzt wird, werden Männer- und Frauenunterkünfte streng getrennt. Wer eine Frauenstube betritt, muss nun anklopfen – und beim Besuch die Tür hinter sich offen lassen. Sex in der Bundeswehr ist übrigens vollständig verboten, „vor, während und nach der Dienstzeit“. Sollten sich Pärchen bilden, so müssen diese militärischerseits getrennt werden – aber nur während des Dienstes: Paare sollen bei verschiedenen Einheiten dienen.

Die Waffe:

Auch wenn es für die meisten Soldaten immer noch schwer vorstellbar ist: Frauen dürfen tatsächlich alle Waffengattungen bedienen. Das Schießeisen wird bisexuell und dient in Zukunft auch als Bräutigam der Soldatin. Frauen schießen genauso gut wie Männer, erklärt die Bundeswehr, brauchen aber längere Ausbildungszeiten: „Geringeres militärisches Vorwissen“ macht mehr Erklärung nötig. Und „bei allen Ausbildungsabschnitten, die einen verstärkten Kraftaufwand erfordern, ist mit Verzögerungen durch verstärktes Üben zu rechnen“.

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