: Keine Ruhe für Karl und Rosa
Vier Tage vor dem Gedenkzug für die Sozialistenführer Liebknecht und Luxemburg beschmieren Unbekannte die Grabsteine mit Hakenkreuzen. Die Aufschriften wurden umgehend entfernt, die Polizei will den Friedhof jetzt bis Sonntag bewachen
von RALPH BOLLMANN
Die traditionelle Gedenkveranstaltung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht bleibt auch in diesem Jahr nicht ungetrübt. Die Gräber der beiden Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde wurden gestern Vormittag von Unbekannten mit Hakenkreuzen beschmiert, ebenso die Grab- und Gedenksteine für zehn weitere Arbeiterführer. Den Gedenkstein im Zentrum der Anlage versahen die Täter mit dem Schriftzug „NPD“. Bereits am Nachmittag wurde die Farbe von einer Spezialfirma wieder entfernt.
Am kommenden Sonntag werden an der „Gedenkstätte der Sozialisten“ wieder rund 100.000 Menschen erwartet. Bis dahin wird das Areal rund um die Uhr von der Polizei bewacht. Nach der Festnahme des Erpressers Olaf Staps vor knapp zwei Wochen hatte die PDS als Veranstalterin schon gehofft, in diesem Jahr unbehelligt der beiden 1919 ermordeten Politiker gedenken zu können. Staps hatte im Vorjahr einen Anschlag auf die Versammlung angedroht, die deshalb um eine Woche verschoben und von einem großen Polizeiaufgebot geschützt wurde.
Bereits in der Vergangenheit gab es auf dem Friedhof in Friedrichsfelde zahlreiche Grabschändungen. So wurden die Sozialistengräber 1990 mit Farbe übergossen, 1992 mit Hakenkreuzen und Davidsternen beschmiert. Im Sommer 1996 brachen Unbekannte Buchstaben aus Grabsteinen und gruben ein vier mal vier Meter großes Hakenkreuz in den Rasen. Im Herbst des gleichen Jahres wurden auf dem Friedhof 200 private Grabsteine umgeworfen. Bislang standen diese Taten jedoch nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Todestag von Luxemburg und Liebknecht im Januar.
Die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau zeigte sich gestern über „diese erneute Schandtat seelenloser Ewiggestriger“ empört. Es handele sich um einen Anschlag auf die Teilnehmer des Gedenkzuges und deren Motive. Die geplante Ehrung werde „jetzt erst recht“ stattfinden. Neben Petra Pau werden voraussichtlich auch der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow und Mitglieder der PDS-Bundestagsfraktion teilnehmen.
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