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Gewiss keine Intifada an der Spree

Wegen des Konflikts in Israel ist die Stimmung unter den Palästinensern in der Stadt gespannt: Manche Jugendliche machen antiisraelische Sprüche oder werden handgreiflich – aber die Verantwortlichen in ihren Vereinen rufen zur Besonnenheit auf

von PHILIPP GESSLER

Die Spannungen zwischen jungen Arabern/Muslimen auf der einen und jungen Israelis/Juden auf der anderen Seite verstärken sich auch an der Spree. Zwar erreichen bislang nur Aufsehen erregende Einzelfälle die Öffentlichkeit: Der 17-Jährige palästinensischer Herkunft, der in eine Schule im Tiergarten stürmte und einen Lehrer mit einem Elektroschocker zu judenfeindlichen Äußerungen zwingen wollte. Oder der junge Landsmann, der bei einem Besuch im KZ Sachsenhausen auf Folterpfähle spuckte. Doch die Stimmung ist gereizt. „Intifada im Klassenzimmer“, „Nahost-Konflikt auf Berliner Straßen?“ und „Der Konflikt kann jederzeit ausbrechen“ – titeln auch seriöse Zeitungen der Hauptstadt.

Der Leiter der politischen Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft, Jürgen Heinke, erkennt seit Sommer vergangenen Jahres einen Anstieg an Ermittlungsverfahren wegen Straftaten von Tätern arabisch-muslimischer Herkunft gegen Juden. Ohne über konkrete Zahlen zu verfügen, sagt der Oberstaatsanwalt der taz, dass das Plus an Fällen dieser Art „erkennbar“ sei – meist verübt von jungen Männern: wie etwa die ungeplante, aber klar antijüdische Attacke auf Rabbiner Rothschild vor zwei Wochen.

Es gebe „eine Latenz, die jederzeit ausbrechen kann“, warnte kürzlich die Expertin für Jugendgewalt beim Landesschulamt, Bettina Schubert, mit Blick auf Aggressionen von Jugendlichen arabischer Herkunft. Doch dem Chef der Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, sind weder ein Anstieg solcher Ängste bei seinen Gemeindemitgliedern noch antijüdischer Übergriffe aus dieser Ecke bekannt.

Zurückhaltend äußern sich auch Vertreter palästinensischer Organisationen: Ali Maarouf, der Vorsitzende der palästinensischen Ärzte-Vereinigung, räumt zwar ein, dass die Stimmung unter seinen Landsleuten seit den Unruhen in Israel „sehr gespannt“ sei. Gleichzeitig betont er, dass man stets zur „Besonnenheit“ aufrufe. Maarouf verweist darauf, dass Vertreter seines Vereins in den vergangenen Tagen in sieben Schulen in Wedding und Moabit aufgetreten seien. Ziel: Bei den Schülern das Bekenntnis zu Demokratie und Gewaltfreiheit zu stärken.

Nader Khalil, Vizevorsitzender des palästinensischen Vereins Al-Huleh, bekräftigt, dass es „natürlich“ vermehrt Spannungen wegen der Lage im Nahen Osten gebe. Aggressionen aber gingen zuerst von ungenügend integrierten Jugendlichen aus, die durch antiisraelische Sprüche einen „Zugehörigkeitsbeweis“ zu einer festen Gruppe liefern wollten. Gewalt sei aber ein Problem der Jugend allgemein – gleich welcher Herkunft.

Auch zwei deutsche Mitarbeiterinnen in anderen Hilfsorganisationen für Palästinenser heben diesen Aspekt hervor: Jugendliche überspitzten gern politische Debatten und würden aktiv – so gebe es Skinheads, obwohl fast alle Deutschen sie ablehnten. Und Mohammed Hamdali von Dar Al-Maschura, einer Beratungsstelle für arabische Flüchtlinge, sieht keine wachsende Antipathie gegen Juden, nur „Verdachtsmomente“.

Die Ausländerbeauftragte des Senats, Barbara John, erklärt denn auch, dass es „nicht einmal im Ansatz“ Bestrebungen zu organisierter Gewalt in der Stadt gebe. Zwar gebe es eine „Ausstrahlung“ des Nahost-Konflikts auf einige der etwa 30.000 Menschen arabischer Herkunft. In ihren Vereinen aber bemühten sich die Verantwortlichen um eine Beruhigung der Lage und seien zum Gespräch bereit. Denn klar sei auch: Einfach warten, bis der Konflikt in Israel beendet sei, dürfe man nicht.

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