: Wer ist besser?
Raab
IST STEFAN RAAB schon k. o.? Der Homo novus der Late Nite hat nur 22,22 Prozent der meinungsbildenden deutschen Medienexperten hinter sich. Plus eines Briten. Aber er hat ein beachtliches Spektrum! Von Zeit bis Stern! Weil er „anarchischer“ ist: Statt müder Post-Bildungsbürgerironie (Brecht), neues Wissen („Busen-Check“).
MICHAEL STRECK
Reporter Deutschland aktuell
Der Stern
Raab, eindeutig Raab. Raab ist anarchischer als Schmidt, der belesener sein mag. Aber eben so aussieht wie die Typen, die wir früher beim Fußball ins Tor gestellt haben, damit sie nicht weiter stören. Wohingegen Raab: Wird auch mit achtzig nicht erwachsen sein und Ständchen bringen für den greisen Harald, dann ungefähr 104. Schmidt pöbelt mit Anlauf, Raab aus dem Stand. Niemand hat Berti Vogts’ grausames Biedertum mit nur einem Vers so wunderbar getroffen: „Wer bestimmt den Speiseplan? Böördie, Böördie Vogts.“
Raab, Schmidt, Raab, Schmidt? But the winner is: Norbert Körzdörfer von Bild. Keiner ist auch nur annähernd so komisch wie er. Körzdörfer schreibt solch famosen Unfug wie: „Denn mein Herz hatte schneefrei. Es fuhr Schlitten in Bullerbü.“ Aber Körzdörfer läuft außer Konkurrenz: Er meint’s ernst. Schade eigentlich.
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MICHAEL WOODHEAD
Deutschland-Korrespondent
The Sunday Times
Raab ist besser, keine Frage. Er weiß, was die Leute denken. Er ist ganz nah dran. Kommt sofort zum Punkt. Und er geht härter mit den Gästen um. Bei ihm dürfen sie sich nicht aufblähen. Vor allem aber: Raab kopiert nicht bloß die Amerikaner. Schmidt schon. Dieser endlose Monolog am Anfang der Sendung! Langweilig. Ich denke jedes Mal: Mensch, fang endlich mit der Show an. Raab kann nicht nur mit dem Finger auf die Band zeigen, er macht die Musik. Ein Mann, der eine Late Nite Show hat und beim Grand Prix mitmacht, ist schon einzigartig. Aber einer, der dann auch noch mit einem Lied teilnimmt, das im Wesentlichen sagt, dass der Grand Prix ein verdammter Unsinn ist – genial. Raab ist einzigartig.
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NILS MINKMAR
Medienredakteur
Die Zeit
In meiner Jugend bin ich freitagabends gern zu Hause geblieben, um „Schmidteinander“ nicht zu verpassen. Der Vorläufer der Harald Schmidt Show faszinierte mich durch diese repetitiven, augenzwinkernd-komischen, irgendwie schnurrenhaften Sketche, in denen umständlich Sprichwörter erklärt wurden oder ein gewisser Peer Teer auftrat. Das war so bemüht blöd – und lustig. Heute hat sich Schmidt ausgerechnet im Sat.1- Nachtprogramm in die bildungsbürgerliche Ecke verkrochen und grantelt vor sich hin: der Enzensberger des Privatfernsehens. Wovor es Schmidt gruselt, das besorgt Stefan Raab mit Spitzenquoten und Bläserbegleitung: Raab in Gefahr, Randgruppenwitze-Tests und Raabigramme – repetitive, augenzwinkernd-komische und irgendwie schnurrenhafte Sketche, über die ich immer lachen muss. Voll peinlich.
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