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Ökofleischer melden Ausverkauf

Nach dem vierten Fund von verunreinigtem Fleisch in Großbritannien will Ministerin Künast Länder zu besserer Kontrolle zwingen. Schlewig-Holsteins Ministerpräsidentin droht Eichel wegen Folgekosten. 28. deutscher BSE-Fall in Sachsen

von NICK REIMER

Jetzt macht Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) Druck. Wie eine Sprecherin ihres Hauses gestern bestätigte, müssen die Bundesländer bis zum Montag Berichte vorlegen, in denen sie darlegen, wie sie stärker als bisher Lebensmittel auf BSE-Risikomaterial kontrollieren wollen. Zuvor war zum vierten Mal seit Mitte Januar eine Lieferung mit verunreinigtem Fleisch in Großbritannien entdeckt worden. Die Lieferungen stammten aus Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Der Vorsitzende des Bundestagsagrarausschusses, Peter-Harry Carstensen (CDU), regte im Zusammenhang mit der Verfütterung von Tiermehl Berufsverbote an. „Die bisherige Höchststrafe von 50.000 Mark ist schlichtweg lächerlich“, so Carstensen. Es könne nicht hingenommen werden, dass jemand, der sich einen Vorteil verschaffen wolle, dies auf Kosten seiner Berufskollegen tut.

Scharfe Töne zur Finanzierung der BSE-Folgen kamen gestern von Schlewig-Holsteins sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Heide Simonis: Die Länder könnten die Kosten nicht mehr tragen. „Es kann künftig die Gefahr geben, dass sich die 16 Länder zusammenrotten und gegen den Bund Entscheidungen treffen, die er dann allein tragen muss“, so Simonis. Vielleicht solle sich Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) noch einmal überlegen, ob es nicht eine Lösung gebe, die „uns nicht umbringt“, schlug Simonis vor. Die BSE-Krise sei eine nationale Aufgabe und nicht eine Aufgabe der Länder.

Händler von ökologisch erzeugtes Schweinefleisch meldeten gestern ihren Ausverkauf. „Die Nachfrage übersteigt deutlich das Angebot“, sagte Marcus Wewer von der Biofleisch Nordost der taz. Praktisch könne das in Dresden ansässige Unternehmen, das europaweit agiert, derzeit „mindestens das Zehnfache an Bio-Schweinefleisch“ verkaufen. Thomas Sonntag vom Anbauverband Naturland, der in ganz Süddeutschland einschließlich Hessen liefert, erklärte, die Nachfrage sei „explodiert“. Großes Interesse bestehe auch an Geflügel aus ökologischer Haltung. Etwa die Hälfte des Ökofleischs wird nach Angaben Sonntags über die großen Supermarktketten verkauft. Dagegen sei den Verbrauchern der Appetit auf Rindfleisch offenbar komplett vergangen: Auch die Ökorinder verkauften sich derzeit nur schleppend.

Unterdessen hat sich die Zahl der BSE-Fälle in Deutschland auf 28 erhöht. Der letzte positive Test stammt von einer Kuh aus Freital in Sachsen. Mittlerweile sind seit ihrer Einführung Anfang Dezember über 185.000 BSE-Tests durchgeführt worden.

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