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Die Spirale des Machismo

Hamburgs Lobbyverbände unterdrücken Frauen, findet die Bürgerschaft. Und schreitet ein. Wenns sein muss, per Gesetz  ■ Von Sven-Michael Veit

Manchmal sind in der Bürgerschaft alle dafür. Für den Antrag nämlich von SPD, GAL und Regenbogen an den Senat, endlich für die „gleichberechtigte Vertretung von Frauen“ in öffentlichen Gremien zu sorgen, wird es deshalb heute Abend in der Bürgerschaft eine vollständige Zustimmung geben. Auch von der CDU, die das Ansinnen zwar gutheißen will, es aber nicht miteinbringen wollte: „Wir müssen da Defizite bei uns selbstkritisch einräumen“, sagt Fraktions-geschäftsführer Volkmar Schön, „und nicht zuerst mit dem Finger auf andere zeigen.“

Die anderen sind Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Architekten- oder Handelskammer, Naturschutzorganisationen oder auch städtische Behörden. Sie alle entsenden zu wenige – in hartnä-ckigen Fällen gar keine – Frauen in Aufsichtsräte städtischer Unternehmen, in Deputationen und Beiräte der Behörden, in Ausschüsse, Kuratorien oder Kommissionen. Mindestens 147 solcher Gremien gibt es in dieser Stadt, die genaue Zahl jedoch kennt niemand. Das Senatsamt für Gleichstellung der grünen Bürgermeisterin Krista Sager verfügt über eine jahrealte Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Kanzlei von Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (SPD) will sich jetzt „den Überblick verschaffen“.

Gesichert ist nur, dass Frauen in diesen „kollegialen öffentlich-rechtlichen Beschluss- und Beratungsorganen“, so die offizielle Bezeichnung, Seltenheitswert genießen. „Lobby ist männlich“, weiß die SPD-Frauenpolitikerin Britta Ernst, „so geht das nicht weiter.“

Entzündet hatte sich der Unmut vieler ParlamentarierInnen – auch männlicher – an der Besetzung des Richterwahlausschusses. Im Dezember vorigen Jahres war die KandidatInnenliste für die Neubesetzung des Gremiums zurückgestellt worden, weil die vorschlagsberechtigten Verbände fast nur Männer nominiert hatten. Nach leichten Nachbesserungen wurde die Liste vor drei Wochen akzeptiert: Immerhin waren nun sechs Frauen unter 20 Vorgeschlagenen.

„Zwischen Baum und Borke“ sieht sich bisweilen GAL-Verfassungsexperte Martin Schmidt. Das Parlament müsse für die Funktionsfähigkeit der Organe sorgen; wenn Verbände aber hauptsächlich Männer vorschlagen, „haben wir da nur ein begrenztes Drohpotential“. Das sei „eine Spirale des Machismo“, finden Ernst ebenso wie Julia Koppke vom Regenbogen. Oft schicke ein Verein „den Vorsitzenden, und der ist eben meist ein Mann“. Wo Gleichberechtigung in Interessengruppen nicht verwirklicht sei, könne die Bürgerschaft auch nicht alles gerade rücken.

Es sei denn mit einem Gremiengesetz nach dem Vorbild von Bund und einigen Ländern. „Dann müssen Verbände eben eine Frau und einen Mann vorschlagen, und die Bürgerschaft wählt aus“, meint Martin Schmidt. In der GAL ist die Bereitschaft zu diesem Schritt deutlich gestiegen, auch in der SPD wachsen die Sympathien.

Dann könne nicht mehr, wie jüngst beim Richterwahlauschuss geschehen, die Rechtsanwaltskammer behaupten, „leider keine geeignete Frau“ gefunden zu haben. Wo diese Stadt, wundert sich Schmidt, doch von „fähigen Anwältinnen“ nur so wimmle.

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