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Keine Zukunft ohne den Paten

Wenn Eberhard Diepgen den CDU-Strippenzieher Landowsky verliert, gerät Berlins Bürgermeister selbst in die Schusslinie. Kaum hat sich die Bundespartei vom eigenen Spendenskandal erholt, bringt Diepgen sie ein zweites Mal in Bedrängnis

von RALPH BOLLMANN

Das gestrige Dementi des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) kam prompt. Berichte, wonach er einen Rücktritt seines langjährigen Weggefährten Klaus Landowsky vom Berliner CDU-Fraktionsvorsitz wünsche, seien „nichts als haltlose Spekulationen von interessierter Seite“. Zuvor hatte es aus Senatskreisen geheißen, Diepgen habe die Forderung nur deshalb noch nicht erhoben, weil ein solcher Schritt als Schuldeingeständnis gewertet würde.

Und davor muss Diepgen von Tag zu Tag mehr Angst haben. Denn das, was vor zwei Wochen als „Landowsky-Affäre“ begann, wird mehr und mehr zu einer Diepgen-Affäre. Schließlich ist der Mann, der den Stadtstaat mit kurzer Unterbrechung seit 1984 regiert, auch CDU-Landesvorsitzender. Und dem will der Koalitionspartner SPD nicht ohne weiteres glauben, dass er ahnungslos blieb, als sich die umstrittene Landowsky-Spende durch die Parteigliederungen ergoss – und der Rest schließlich vom Landesgeschäftsführer auf einem schwarzen Konto deponiert wurde. Zumal ein Teil des Geldes direkt an eine Wahlkampfhelferin in Diepgens Wahlkreis floss.

Zum ersten Mal in seinem Leben steht Diepgen, der den Fall der Mauer in der Opposition erlebte, nun im bundespolitischen Scheinwerferlicht. Und schon zum zweiten Mal nach seiner Zustimmung zur rot-grünen Steuerreform im vergangenen Sommer bringt der Mann, den dort nie jemand ernst nahm, die Gesamtpartei in Bedrängnis. Gestern am späten Nachmittag musste sich die CDU in einer Aktuellen Stunde des Bundestags für das Berliner Spendendebakel rechtfertigen. Schon vorher kommentierte Generalsekretär Laurenz Meyer die Spendenaffäre des dienstältesten CDU-Ministerpräsidenten mit dem bemerkenswerten Satz, die Bundespartei werde „nicht für sämtliche Kreisparteien geradestehen können“.

Diepgen und die Parteichefin Angela Merkel pflegen ohnehin ein Verhältnis inniger Abneigung. Das war unter Vorgänger Helmut Kohl nicht anders, doch wurden Bundes- und Landespartei damals nach den gleichen Prinzipien regiert: Kohl und Diepgen waren sich in ihrer Abneigung gegen offene Diskussionen und transparente Entscheidungsprozesse stets einig. Die Gefahr, die mit Merkel drohte, witterte der Berliner sofort. Vor fast genau einem Jahr musste Diepgens neue Kultursenatorin Christa Thoben auch deshalb gehen, weil sie die neue Offenheit in den Berliner Landesverband tragen wollte. Durch die Kohl-Affäre war eine Personalentscheidung, die zuvor harmlos erschien, plötzlich zu einer Bedrohung des Diepgen-Systems geworden.

Jetzt, in der eigenen Spendenaffäre, erlebt Diepgen ein Déjà-vu. Für den Bürgermeister ist es höchst fatal, dass die Aufklärung der Spendenaffäre just in den Händen eines Berliner CDU-Generalsekretärs liegt, der zum harten Kern der Diepgen-Gegner im Landesverband zählt – diesmal jedoch vom rechten Parteiflügel. Zähneknirschend hatte Diepgen den 43-jährigen Europaabgeordneten Ingo Schmitt voriges Jahr für den Posten akzeptiert, um seine innerparteilichen Gegner einzubinden. Damals sah alles danach aus, als habe Diepgen, durch seinen Wahlsieg im Herbst 1999 gestärkt, von Schmitt nichts zu befürchten. Das hat sich nun geändert: Wenn der Generalsekretär im Berliner Lokalfernsehen brutalstmögliche Aufklärung zelebriert und neue Schwarzgeld-Details offenbart, dann sieht er nicht aus, als sei er durch den Blick in die Abgründe ernsthaft betrübt.

Aber nicht nur auf dem rechten, sondern auch auf dem liberalen Parteiflügel üben sich jüngere Christdemokraten schon länger in vorsichtigen Absetzbewegungen von Diepgen und Landowsky. So lobte der 40-jährige Finanzsenator Peter Kurth den Abgang Landowskys bei der landeseigenen Bank Berlin Hyp als „konsequenten Schritt“, der dem Institut „sehr gut“ tun werde. Worte des Bedauerns verlor Kurth dabei nicht.

Noch am Montag hatte auch Diepgen selbst den Fraktionsvorsitzenden harsch kritisiert. Es sah ganz danach aus, als könne sich Diepgen seine politische Zukunft auch ohne den langjährigen Weggefährten vorstellen, mit dem er zuletzt ohnehin nicht mehr perfekt harmonierte. Wie es aussieht, muss sich Diepgen von diesem Gedanken verabschieden. Dankt Landowsky als Fraktionschef ab, dann steht Diepgen alleine in der Schusslinie.

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