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Seid verschwunden, Millionen!

Die Landowsky-Affäre weitet sich aus: Die riskanten Kreditgeschäfte der Berlin Hyp könnten das Land einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Möglicherweise muss Berlin auf Dividendengelder der Hyp-Mutter Bankgesellschaft verzichten

von RICHARD ROTHER

Durch risikoreiche Kreditgeschäfte bei der Berlin Hyp, die der CDU-Frakionsvorsitzende Klaus Landowsky als Vorstandsspecher der Bank mitzuverantworten hat, droht dem Land Berlin ein Schaden in dreistelliger Millionenhöhe. Finanzsenator Peter Kurth (CDU) wird heute den Aufsichtsrat der Bankgesellschaft Berlin, der Mutter der Berlin Hyp, über die Ergebnisse einer Sonderprüfung durch die Kreditaufsicht informieren.

Die Finanzverwaltung habe ein entsprechendes „vertrauliches“ Schreiben vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen erhalten, sagte gestern ein Sprecher der Finanzverwaltung. Zum Inhalt des Schreibens wollte er jedoch keine Auskunft geben. Medienberichten zufolge moniert die Aufsichtsbehörde darin die Kreditvergabe der Bank. Wegen dieser Misswirtschaft soll die Dividendenzahlung der Bankgesellschaft Berlin gefährdet sein.

Der mögliche Ausfall der Dividende würde Berlin teuer zu stehen kommen. Das Land hält 56,6 Prozent der Anteile an der Bankgesellschaft und hat dafür in diesem Jahr Dividendeneinnahmen in Höhe von 135 Millionen Mark im Haushalt veranschlagt. Der Geldregen der landeseigenen Bank ist auch in den Haushaltsplanungen für die kommenden Jahre eingeplant. Fehlen die 135 Millionen Mark, müssten sie nach der herrschenden Haushaltslogik an anderer Stelle eingespart werden. Zum Vergleich: Mit diesen Mitteln können zwei Opernhäuser betrieben, rund zehn Kilometer Straßenbahnstrecke gebaut oder 1.800 Stellen im öffentlichen Dienst finanziert werden.

Verluste drohen aber nicht nur durch einen Dividendenausfall. Der Senat plant, bis zu 6,5 Prozent der Landesanteile an der Bank zu verkaufen. Die Schwierigkeiten der Bank drücken den Aktienkurs, die möglichen Verkaufserlöse sinken.

Der mögliche Dividendenausfall steht indirekt im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre. Fraktionschef Landowsky hatte 1995 je 20.000 Mark von zwei CDU-Mitgliedern erhalten. Die Firma der beiden – die Immobilienfirma Aubis – hatte fast zeitgleich einen Kredit von rund 600 Millionen Mark von der Berlin Hyp erhalten, deren Chef Landowsky ist. Aubis kaufte mit dem Kredit rund 16.000 Plattenbauwohnungen in Ostdeutschland, um sie zu sanieren und weiterzuverkaufen. Das Geschäft ging in die Hose, die Bank blieb auf dem Kredit sitzen.

Nach Angaben der Opposition schlummern bei der Bankgesellschaft weitere faule Kredite in Höhe von 5 Milliarden Mark. Der Grund: Die landeseigene Bank hat sich stark im ostdeutschen Immobiliengeschäft engagiert – Wohnungen und Büros, die aufgrund der wirtschaftlichen Probleme kaum zu vermieten sind.

Ein Dividendenausfall wäre „eine ziemliche Katastrophe“, betonte gestern ein PDS-Sprecher. Niemand wisse, wie die Haushaltslöcher zu stopfen seien. Auch der Finanzexperte der Grünen-Fraktion, Burkhard Müller-Schoenau, hält die möglichen Verluste für ein großes Problem. Allerdings sei es besser, jetzt einen Schnitt zu machen, als die Probleme in die Zukunft zu verschieben. Bisher sei bei der Bankgesellschaft immer versucht worden, faule Kredite durch Hinzuschießen von frischem Geld zu retten, um die Dividende nicht zu gefährden. „Dieses Schneeballsystem funktioniert nicht mehr.“

Die Entscheidung über die Zahlung einer Dividende stehe noch aus, betonte gestern ein Sprecher der Finanzverwaltung. Der Hauptaktionär dürfe dieser Entscheidung der zuständigen Gremien nicht vorgreifen. Trotz der Schwierigkeiten bei der Bankgesellschaft gebe es bisher keinen Anlass, die erwarteten Einnahmen in Zweifel zu ziehen.

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