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Abschied von der Grufti-Didaktik

■ Die Multimedia-Box step21 soll mit modernen Medien zu der alten Tugend erziehen

Henning liebt Ricky und irgendwie auch ihre Schwester Nataly, Lars ist schwul, aber traut sich nicht, seinen FreundInnen davon zu erzählen und Kenan ist zwar ziemlich cool, muss sich jedoch trotzdem mit ausländerfeindlichen Sprüchen herumschlagen. Zusammen sind sie eine richtige Clique. Und sie sind auch der Leitfaden für das Medienpaket der gemeinnützigen Initiative step21, das seit neuestem auch an etwa 60 Bremer Schulen der Sekundarstufe I und II für mehr Toleranz sorgen soll.

Verpackt in einer peppigen Box für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren kommt das Paket mit einer nicht ganz so peppigen Botschaft daher. Statt Rollenspielen sollen hier neuste Medien den Jugendlichen alte Werte ans Herz legen. Mit CD-ROMs, Videos und und Lern- und Unterrichtshilfen wird das Thema trotzdem spielerisch angegangen.

Als Einstieg dient ein Comic, der die Clique vorstellt. Sie sind jung, sie sehen gut aus, aber sie haben auch Probleme. Und die gilt es zu analysieren und vielleicht sogar auf virtueller Basis zu lösen. Das geschieht erst auf schnödem Papier. Hier haben die SchülerInnen die Möglichkeit, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen und ihre Ideen in Dialoge oder Bilder zu fassen. Erst danach geht es an die Rechner. Mit Hilfe eines Graphikprogramms können die kleinen Nachwuchsautoren aus einer Auswahl von Hintergründen und Figuren in verschiedenen Posen die Geschichte der Clique weiterspinnen. „Die Comics sollen optisch neben den üblichen Jugendformaten bestehen können und gleichzeitig die Medienwelt entzaubern.“ , erklärt Petra Herzmann von step21.Die fertigen Beiträge können dann im Internet präsentiert oder sogar im monatlichen Netchat auf Radio Bremen diskutiert werden. Regelmäßige Wettbewerbe sollen ein weiteres tun, um die Jugendlichen zur Teilnahme zu animieren.

Zusätzlich bietet die Box die Möglichkeit, Erfahrungen in Musik umzuwandeln. Die Jugendlichen müssen hierfür nicht einmal ein Instrument spielen. Der Computer liefert fertige Beats und Tonfrequenzen, die nur noch zusammengemixt und mit Texten versehen werden müssen. Und fertig ist der eigene Popsong, der vielleicht sogar einigen Werken heutiger Jungstars das Wasser reichen kann.

Margit Hasselmann vom Landesinstitut für Schule, die die Box im Auftrag des Bildungssenators untersucht hat, kommt angesichts der Bremer Schulsituation jedoch zu einem skeptischen Urteil. Die Idee und auch die Umsetzung hält sie zwar für sehr löblich, dennoch sei sie wohl eher für Projektunterricht geeignet.

Winifried Heinemann von der integrierten Grund-, Haupt- und Realschule auf der Luruper Hauptstraße in Hamburg hat genau das getan. Eingebettet in einen dreimonatigen fächerübergreifenden Projektunterricht zum Thema Gewaltprävention hat sie in ihrer Klasse 8a die Box eingesetzt, da die Box genau eine Thematik des Projektes traf und es gleichzeitig schaffte, die SchülerInnen, die noch kaum Gruppenerfahrungen gemacht haben, anzusprechen und ihnen Identifikationfiguren zu liefern. Da die Box viele Themen anschneidet aber nicht vertieft, hat Winifried Heinemann sich auf das Thema Rechtsradikalismus konzentriert und selbst den ergänzenden Rahmen geschaffen. So wurden zum Beispiel Senioren eingeladen, die von ihren (Gruppen-)Erfahrungen als Jugendliche im Dritten Reich und im Krieg berichteten. „Die Box war da sehr hilfreich, den Bogen zur Gegenwart zu schlagen.“, sagt sie. Ob sich die Arbeit an dem Projekt auf den Schulalltag auswirken wird, weiß die Lehrerin noch nicht, aber sie kann jetzt schon sagen, dass ihre SchülerInnen gerade in den Zwischenphasen, in denen der Computer noch nicht zum Einsatz kommt, sehr intensiv und engagiert mitgearbeitet hätten. Auch die fünf IntegrationsschülerInnen seien gut mitgekommen.

VvO

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