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Zweite Liga tritt an

Israels Arbeitspartei nominiert ihre Minister für die Koalitionsregierung. Erstmals wird auch ein arabischer Druse mit am Kabinettstisch sitzen

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Die Auszählung der Stimmen war noch nicht abgeschlossen, als Aktivisten der Arbeitspartei ihren Genossen Salach Tarif, den ersten arabischen Minister in einer Regierung, auf die Schultern nahmen und dessen Nominierung durch das Zentralkomitee der Partei feierten. Der 46-jährige Druse ist seit 1992 Knessetabgeordneter und wird künftig Minister ohne Aufgabenbereich.

Die gestern in Tel Aviv gewählte Liste der Minister, die die Arbeitspartei in die große Koalition schickt, ist wenig beeindruckend. Aus Mangel an Kapazitäten – so entschieden sich der scheidende Justizminister Jossi Beilin und Außenminister Schlomo Ben-Ami gegen einen Einzug ins Kabinett – rückte die zweite Liga der Arbeitspartei auf. Benjamin Ben-Eliesar, ehemals Kommunikationsminister in der Regierung Barak, wird Verteidigungsminister.

Israels designierter Premierminister Ariel Scharon hätte lieber Barak dort sitzen sehen. Dennoch kann auch Ben-Eliesar auf eine 30-jährige Militärlaufbahn zurückblicken. Obschon er für eine schnelle Wiederaufnahme der Verhandlungen ist, stimmt er Scharon zu, wenn er die Fortsetzung des Friedensprozesses an ein Ende der Gewalt knüpft. Ben-Eliesar sieht sein Hauptziel darin, „den Bürgern Israels die Sicherheit wiederzugeben“.

Bereits am Vortag hatte die Partei die Nominierung von Schimon Peres als Außenminister bestätigt. Weitere Ministerposten gehen an Matan Vilnai, ehemals Kulturminister, und an Dalia Jizik, ehemals Umweltminister, sowie an Efraim Sneh, der sich als ehemaliger Vizeverteidigungsminister einen Aufstieg im gleichen Haus erhofft hatte.

Die Ministerriege der Sozialdemokraten ist ein dürftiger Preis für das hohe Angebot Ariel Scharons, der immerhin acht Kabinettssitze für die große Koalition bezahlte. Abgesehen von Peres Ben-Eliesar und Sneh, die auf Jahrzehnte aktiver Politik zurückblicken können, haben die künftigen Minister kaum politische Errungenschaften vorzuweisen. Dalia Jiziks größte Leistung als Umweltministerin war es, Pfand auf Plastikflaschen durchzusetzen. Keiner der künftigen Minister hat sich als besonders kompromissbereit hinsichtlich einer Friedensregelung mit den Palästinensern gezeigt, außer Dalia Jizik, die Baraks Angebote in Camp David unterstützte. Keiner hat Erfahrungen mit Friedensverhandlungen.

Die Ministerriege bleibt abgesehen von Peres ohne große Namen, da sich Beilin, Ben-Ami sowie auch Parlamentspräsident Abraham Burg gegen eine große Koalition ausgesprochen hatten. Andere Exminister unterstützten zwar prinzipiell das Zusammengehen mit Scharon, zogen es aber dennoch vor, nicht für ein Ministeramt zu kandidieren. Die Ernennung eines nichtjüdischen Ministers ist richtungsweisend, aber kein Grund zur Euphorie, da es sich um einen Drusen handelt, der seinen Militärdienst in der israelischen Armee absolviert hat. Die Chancen, dass Salach Tarif zur Versöhnung zwischen Juden und Arabern beitragen kann, sind minimal.

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