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Reden statt prügeln

15.000 Polizisten schützen Castoren vor ebenso vielen Demonstranten. Einsatzleiter äußert Verständnis für Betroffene und setzt auf Deeskalation

HANNOVER taz ■ Für den nächsten Castortransport nach Gorleben will die Polizei allein im Raum Lüchow-Dannenberg 15.000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet zusammenziehen. Den 15.000 Grenzschützern und Polizisten werde voraussichtlich „eine Protestgruppe in gleicher Größenordnung“ gegenüberstehen, sagte der Leiter des Castoreinsatzes, Polizeidirektor Hans Reime gestern in Hannover.

Nach Reimes Auffassung haben der Atomkonsens und die Pläne zum Ausstieg nicht beruhigend auf die Bevölkerung des Landkreises Lüchow-Dannenberg gewirkt. Bei den Wendländern hätten die Konsensdiskussionen „zu einer Verhärtung der Fronten geführt“, beklagte der Einsatzleiter. Die Bevölkerung fühle sich mit dem Atommüllproblem allein gelassen. Man müsse ihren Unmut darüber verstehen, dass Atommüll aus der ganzen Bundesrepublik in ihre Heimat gebracht werde.

Die 15.000 Polizeibeamten und Grenzschützer werden Reime zufolge bereits zu Beginn der letzten Märzwoche im Raum Lüchow-Dannenberg präsent sein und dort bleiben, bis die sechs Castorbehälter mit WAA-Müll aus Frankreich im Gorlebener Zwischenlager angekommen sind. Diese Planung stimmt mit den Informationen der BI Lüchow-Dannenberg überein, wonach der Transport am Morgen des 27. März die französisch-deutsche Grenze passieren soll.

Einsatzleiter Reime lehnte es gestern erneut ab, seine Polizisten mit Namensschildern auszustatten. Solche Schilder seien bei Großeinsätzen bislang nicht üblich. Dennoch wolle er niemanden von der Straße prügeln, versicherte er. Die Bilder aus dem Transportjahr 1997 mit blutig geschlagenen Sitzblockierern sollten sich nicht wiederholen.

Der Einsatzleiter betonte, dass Sitzblockaden auf der Transportstrecke zwar keine Gewalt aber dennoch rechtswidrig seien. Rechtswidrig seien alle auf Dauer ausgelegte Blockaden, die nicht nur eine Demonstration, sondern eine Behinderung des Transportes zum Ziel hätten. Nicht einmal das am heutigen Abend geplante Probeliegen auf der Bahnstrecke Lüneburg–Dannenberg wollte Reime erlauben. Er werde nicht eine unbekannte Anzahl von Menschen eine ganze Nacht lang auf die Gleise lassen, sagte er.

Neu am kommenden Castorpolizeieinsatz werden 130 Konfliktmanager sein. Diese Beamten in Zivil sollen einen Button mit der Aufschrift „Wir können auch anders“ tragen, was Reime zufolge in selbstironischer Weise Gesprächsbereitschaft signalisiert. JÜRGEN VOGES

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