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Staatsknete von der Roten Flora

Senat privatisiert Autonomen-Zentrum am Schulterblatt. Neuer Eigentümer Klaus Kretschmer will alles lassen, wie es ist  ■ Von Sven-Michael Veit

Er wolle „zu einer Befriedung der Situation beitragen“, sagt Klaus Kretschmer, und daran mitwirken, „dass Konflikte nicht politisch instrumentalisiert werden“. Gründe genug offenbar für den Hamburger Immobilienkaufmann, die Rote Flora zu erwerben. Gestern erhielt er vom Hamburger Senat den Zuschlag. Als „Chance, Feindbilder zu entschärfen“, betrachtet Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) den Verkauf des Autonomen-Zentrums auf dem Schulterblatt.

Kretschmer zahlt lediglich 370.000 Mark für das marode Gemäuer im Schanzenviertel, ein Preis, der sich nach Rundes Berechnung „an den Maßstäben für den sozialen Wohnungsbau“ orientiert. Weitere knapp 350.000 Mark, welche die Hamburger Feuerkasse nach einem Brand in der Flora 1995 gezahlt hat, verbleiben bei der Stadt. „Unterm Strich“, so Runde zufrieden, „macht das 720.000 Mark für ein Objekt, das nicht marktgängig ist.“

In dem Kaufvertrag, der Anfang April noch von der Bürgerschaft gebilligt werden muss, wird die Nutzung der Flora als selbstverwaltetes autonomes Stadtteilkulturzentrum festgeschrieben. Jede Veränderung durch den neuen Eigentümer oder ein Weiterverkauf bedarf der Zustimmung der Stadt sowie einer „Nachzahlung“. Kretschmer versichert, dies nicht im Sinn zu führen: „Ich will den Ort und die Floristen so lassen, wie sie sind. Veränderungen werden nur vorgenommen, wenn sie von den Nutzern gewünscht werden.“

Für Runde ist dies der sichere Weg zur „Konfliktentschärfung im Viertel“, wenn auch nicht der einträglichere. Denn die zweite Kauf-interessentin, die millionenschwere Galeristin Gerda Basse, hat nach eigenen Angaben „knapp 500.000 Mark“ geboten. Allerdings wollte sie die Flora um zwei Etagen zur Eigennutzung aufstocken, was die NutzerInnen vor zwei Wochen in einem taz-Interview jedoch ablehnten. Sie sei „enttäuscht“, kommentierte Basse gestern die Senatsentscheidung.

Kretschmer liege hingegen „jedes Spekulationsinteresse fern“, glaubt der Bürgermeister zu wissen. Der Mann habe „Erfahrungen mit schwierigen Immobilien“, so Altonas Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer, der die Kaufverhandlungen für die Stadt führte. So habe der „Idealist und Mäzen“ bereits die Riverkasematten an der Hafenstraße, die alte Polizeiwache am Dammtor und das frühere Altonaer Katasteramt erworben und für sie kulturell ambitionierte Nutzungskonzepte entwickelt.

Die Flora kündigte in einer ers-ten Reaktion an, „Störfaktor“ bleiben zu wollen. Die Strukturen und Grundsätze würden auch „gegenüber einem privaten Investor nicht zur Diskussion gestellt“. Aus dem „Status des Besetzt-Seins ins neoliberale Zeitalter der Privatisierung katapultiert“ zu werden, sei „ein Angriff auf die Autonomie des politisch-kulturellen Projekts“.

Was Runde nicht weiter anficht: „In seinen Entscheidungen, was der Senat mit seinem Eigentum macht, ist er auch autonom.“

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