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Jungwähler gesucht

Der Bundestagsabgeordnete Simmert fordert die Grünen auf, sich endlich ernsthaft dem Jugendthema zu widmen

BERLIN taz ■ Die erheblichen Verluste der Grünen unter der jüngeren Wählerschaft sorgen in der Partei für Unruhe. „Es gibt keinen Grund zur Panik, aber die Notwendigkeit zum Handeln“, meint der Abgeordnete Christian Simmert, der mit seinen 28 Jahren der zweitjüngste in der Bundestagsfraktion ist.

Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatte die Partei vor allem bei den unter 30-Jährigen stark eingebüßt. Allein in Baden-Württemberg betrugen die Verluste in dieser Altersgruppe 12 Prozentpunkte. „Wir sind in der Gefahr, eine graue Partei zu werden“, warnt Simmert im Gespräch mit der taz.

Simmert, der dem linken Flügel zugerechnet wird, erinnerte an ein Positionspapier vom Mai 2000, in dem die Partei von Anhängern des linken Flügels als ein „Mehr-Generationen-Projekt“ beschrieben worden war. Darin hatten vier Autoren – Simmert, der schleswig-holsteinische Umweltminister Klaus Müller, die Vorsitzende der Grünen Jugend, Ramona Pop, und Renate Künast – eine verstärkte Hinwendung der Partei zur jüngeren Generation verlangt. Unter anderem sollten sich die Grünen für Nichtmitglieder und Quereinsteiger öffnen, mehr studentische Praktika anbieten, das Internet besser nutzen und den innerparteilichen Nachwuchs durch Mentoren begleiten. Inhaltlich hatten sich die Autoren für traditionelle Themen der Grünen stark gemacht: Demokratie, Umweltpolitik und die Gerechtigkeit zwischen Generationen und Geschlechtern.

Das Papier hat nach Meinung Simmerts kaum Wirkung gezeigt. „Jeder wurschtelt vor sich hin, seitdem ist aber wenig passiert.“ Auf entscheidenden Zukunftsfeldern wie der Bildungspolitik tue sich die Partei „unheimlich schwer“. Auch in medienwirksamen Debatten wie der um die 68er-Vergangenheit habe die Partei es nicht verstanden, die „richtige Übersetzungssprache zu finden“. Statt die bis heute nachwirkenden Veränderungen der Studentenproteste für die Jugendkultur oder die Gleichberechtigung herauszustreichen, sei die Debatte für die Öffentlichkeit geführt worden, „als ginge es um die Verteidigung einer Generation, eines bestimmten Personals in der grünen Partei“.

Simmert, der seine Kritik zu einem früheren Zeitpunkt in der Fraktion äußerte, sieht in der mangelnden Kommunikation zwischen den Jüngeren und Älteren ein Problem. „Wir müssen einen Wissenstransfer herstellen, und zwar in beide Richtungen“.

SEVERIN WEILAND

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