: Bankspitze wird gerupft
Aufsichtsrat der Bankgesellschaft verhindert Bilanztrick, mit dem Konzernchef Wolfgang Rupf ein Milliardenloch kaschieren wollte. Schieflage im Landeshaushalt löst Debatte um Bundeshilfen aus
von RALPH BOLLMANN
Acht Zeilen für zwei Milliarden Mark: Mit dürren Worten gab die Bankgesellschaft gestern bekannt, dass sich in ihrer Bilanz für das Jahr 2000 ein weiteres Milliardenloch auftun wird. Der Aufsichtsrat beschloss in einer ganztägigen Sitzung, den umstrittenen In-sich-Verkauf der Immobilientochter Ibag rückgängig zu machen. Mit diesem Deal, der über eine Steueroase in der Karibik abgewickelt werden sollte, wollte der Konzern Verluste im Immobilienbereich kaschieren.
Damit machte das Aufsichtsgremium, dem Vertreter des Senats als Mehrheitseigner angehören, dem Bankchef Wolfgang Rupf einen Strich durch die Rechnung. Rupf hatte bis vor kurzem den Vorwurf der Bilanzkosmetik entschieden zurückgewiesen. Nach Informationen des Tagesspiegels soll Rupf dem Aufsichtsrat wichtige Informationen zu dem Geschäft vorenthalten haben. Um sich ein Bild über die tatsächliche Lage zu verschaffen, hatten sich Mitglieder des Gremiums sowie der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nach unbestätigten Berichten bereits am Vorabend der Sitzung mit dem Präsidenten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen getroffen.
Zu einer Abberufung des Vorstandsvorsitzenden, über die in der vergangenen Woche spekuliert worden war, kam es gestern aber noch nicht. Weitere personelle Veränderung soll es dem Vernehmen nach erst geben, wenn über die künftige Struktur des Geldhauses entschieden ist. Bei den Tochterbanken mussten in den vergangenen Wochen eine ganze Reihe von Vorstandsmitgliedern ihren Hut nehmen, darunter auch CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky.
Vor dem Hintergrund der Bankenkrise verschärfte sich gestern auch die Debatte, wie das dadurch mitverursachte Loch im Landeshaushalt gestopft werden kann. Die Grünen-Fraktion forderte, Verhandlungen über Bundeshilfen aufzunehmen. Voraussetzung sei allerdings ein schlüssiges Sanierungskonzept, das nur neuen Personen glaubhaft vertreten könnten: „Den Pleitiers Landowsky und Diepgen wird niemand auch nur eine müde Mark anvertrauen.“ Um Bundeshilfen zu erhalten, müsse Berlin nach dem Vorbild des Saarlands und Bremens offiziell seine „Haushaltsnotlage“ erklären.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit, der das Haushaltsloch auf bis zu 6 Milliarden Mark und damit rund 15 Prozent des Gesamtetats beziffert, lehnt diesen Weg jedoch ab. „Das würde bedeuten, dass der Bund dann die Bedingungen diktiert, unter denen wir unseren Haushalt sanieren, und das sollte nicht passieren.“
Auch den anderen Bundesländern sei nicht klar zu machen, dass sie „für die Dusseligkeiten der Bankgesellschaft oder die Fehler von Landowsky bezahlen sollen“, sagte Wowereit. Mit Einsparungen allein sei die Lücke allerdings nicht zu schließen. Über konkrete Vorschläge der SPD wollte der Fraktionschef vor dem Beginn der offiziellen Haushaltsberatungen im Mai nicht öffentlich reden.
SPD-Landeschef Peter Strieder bekräftigte die Forderung nach einem Rücktritt Landowskys vom Vorsitz der CDU-Fraktion. Die Sozialdemokraten wollten auf ihrem Parteitag am 7. April ein „klares und unmissverständliches Signal“ an den Koalitionspartner senden. Ein Ultimatum werde es aber nicht geben.
Zuvor hatte Landowskys Stellvertreter und möglicher Nachfolger, Frank Steffel, seinerseits zum Angriff ausgeholt und Wowereit zum Rücktritt aufgefordert. Wenn der SPD-Fraktionschef mit Landowsky nicht zur Sacharbeit zurückfinden könne, müsse er sich „einmal selbst fragen, ob er noch der richtige Fraktionsvorsitzende für die SPD ist“. Gleichwohl suche die CDU „unverändert den fairen und partnerschaftlichen Umgang mit der SPD und Herrn Wowereit“.
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