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Gefahr von Elektrosmog bei Handys

Mit dem Handy-Boom rücken die vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahren, die von elektromagnetischen Feldern ausgehen können, wieder in den Blickpunkt. Trotz aller Forschungen streiten sich nach wie vor die Geister

Die Versteigerung der Mobilfunklizenzen (UMTS) im vergangenen Jahr brachte täglich neue Schlagzeilen. Doch geredet wurde nur über Geld. Hinweise auf etwaige Gefahren von damit einhergehender elektromagnetischer Strahlung – genannt Elektrosmog – fand man nicht. Denn: Nach wie vor ist ungewiss, welche Auswirkungen sie auf den Organismus haben.

Allein in der Hauptstadt Berlin beispielsweise gibt es immerhin 1.427 Mobilfunksendeanlagen, wie aus einer kleinen Anfrage im Abgeordnetenhaus hervorgeht. Nach den Gefahren für die Bevölkerung befragt, erwiderte Wirtschaftssenator Branoner aber lediglich, dass er „keinen Anlass“ sehe, auf „eine Herabsetzung der auf internationalen Kenntnissen basierenden Grenzwerte“ für Strahlungsimmissionen hinzuwirken.

Weniger leichtgläubig reagierte in einem Fall das Amtsgericht München und sorgte damit für Aufsehen. Die Richter entschieden, dass allein „die Furcht vor gesundheitlichen Folgen einer langjährigen Dauereinwirkung durch eine Antennenanlage nachvollziehbar“ sei und dies „einen Mangel an der Mietsache“ darstelle (Az.: 432 C 7381/95). Eine Mieterin hatte eine Wohnung im obersten Geschoss eines Hauses bezogen, auf dessen Dach bald darauf eine Mobilfunksendeanlage errichtet wurde. Dabei spiele es keine Rolle, so das Gericht, dass die E-Plus-Anlage die gesetzlichen Grenzwerte einhalte. Da es über die gesundheitlichen Auswirkungen bislang noch keine unstrittigen Erkenntnisse gebe, müsse die Furcht der Mieterin vor langfristigen gesundheitlichen Schäden berücksichtigt werden. Zu bedenken gibt das Gericht, dass es bereits wiederholt zur Fehleinschätzung der Folgen technischer Errungenschaften kam.

Vielleicht nicht zu Unrecht: Jüngst gaben Wissenschaftler der Universitätsklinik Essen bekannt, sie hätten einen Zusammenhang zwischen der Benutzung von Handys und Krebs herstellen können. Einer Untersuchung zufolge, an der 118 Personen mit dem Augentumor Uvealmelanom teilnahmen, sei das Risiko, daran zu erkranken, für Menschen, die Handys oder Funktelefone „mehrere Stunden bei sich trugen“, mehr als dreimal höher als bei anderen Personen, so die Forscher in einer Fachzeitschrift. Erst eine Woche zuvor allerdings berichteten amerikanische Kollegen, dass zumindest bei Tierversuchen „kein Zusammenhang zwischen Handys und Krebs“ habe nachgewiesen werden können.

Was also soll man glauben? Tendenziell ist man wohl gut beraten, Gefahren nicht auszuschließen, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist.

Bei der Verbraucherzentrale Berlin erkennt man beim Thema Elektrosmog „eine Spannbreite von Panikmache bis Verharmlosung“. Ob beispielsweise auch „eine Stromleitung am Kopfende des Bettes tatsächlich Schlafstörungen oder gar chronische Schmerzen verursachen kann, lässt sich kaum eindeutig klären“, tappt man auch hier im Dunkeln. Gleichwohl wird geraten, „beim Schlafen mindestens einen Meter Abstand von Leitungen und Elektrogeräten zu halten“. Noch besser sei, „alle Stromverbraucher im Zimmer auszuschalten und den Radiowecker gegen einen batteriebetriebenen auszutauschen“. Gleichzeitig wird vor Geschäftemachern gewarnt, für die „Angst immer ein Feld“ biete. Eine „teure Zauberschachtel, die Schutz bieten soll, kann niemals funktionieren“.

In Sachen Handy rät die Verbraucherzentrale zu transportablen Freisprecheinrichtungen, um den Abstand zwischen Handy und Kopf zu vergrößern. Die Stiftung Warentest weist darauf hin, dass Käufer von Handys ab „kommendem Frühjahr“ auf den „SAR-Wert“ achten sollten. Er zeige eine so genannte Energie-Absorptionsrate an: Je höher der Wert liege, desto mehr Energie dringe in den Körper ein – und könne Schäden verursachen. Einen Industriestandard gebe es dazu indes noch nicht, so dass zunächst abgewartet werden müsse, welche Werte die Hersteller überhaupt als „SAR“ angeben würden.

Wegen der Unsicherheiten sollte man Handys zumindest von Kindern fernhalten. Da es diese Telefone erst seit kurzem gibt, liegen Langzeitstudien über Gefahren der Strahlung noch nicht vor. ALO

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