EU hält an Klimaziel fest

Umweltminister wollen den internationalen Druck auf die USA verstärken, ihnen aber auch Zugeständnisse machen. Bush kippt weitere Umweltverordnungen

STOCKHOLM/NEW YORK taz ■ Pflichtbewusst hakten die EU-Umweltminister am Wochenende im nordschwedischen Kiruna ihre lang geplante Tagesordnung ab: Mit Wasser, Forst und Ackerland will man schonend umgehen. Auch war man sich einig, dass die Meere besser vor Überfischung, Überdüngung und Vergiftung geschützt werden müssten und es nicht mehr ausreiche, das Umweltgewissen mit Naturreservaten und Schutzgebieten zu beruhigen. Doch die eigentlichen Debatten drehten sich um die Zukunft von Kioto.

Schwedens Umweltminister Kjell Larsson und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström veröffentlichten am Samstag in der schwedischen Presse eine gemeinsame Erklärung, in der die USA nochmals an ihre unverantwortliche Verschmutzungspolitik erinnert werden. Larsson und Wallström warnten die USA vor einer allgemeinen Belastung der Beziehungen zur EU, sollten diese tatsächlich Kioto begraben. Diese Botschaft sollen Wallström und Larsson im EU-Auftrag auch direkt der Bush- Administration überbringen, wenn sie heute nach Washington fliegen. Eine Reise, die nur der Auftakt einer Kampagne sein soll, mit der die EU die USA davon überzeugen will, dass sie vollständige Isolation riskieren, sollten sie Kioto aufkündigen.

Selbst Japan, das auch große Probleme hat, die Kioto-Quoten umzusetzen, hat in Washington protestiert, ebenso wie Kanada, Australien und Neuseeland. Das schwedische EU-Umweltduo will Washington einkreisen: Ende dieser Woche geht es zu Gesprächen nach Moskau, danach stehen Tokio, Peking und Teheran – der Iran ist Sprecher der Entwicklungsländergruppe – auf dem Programm.

Nicht nur die Absage an das Kioto-Protokoll zeugt von Bushs Einstellung zum Thema Energie und Umwelt: Am Freitag kündigte die Regierung in Washington an, dass noch unter Bill Clinton verabschiedete Regeln über die Energieeffizienz diverser Geräte erst einmal nicht in Kraft treten. Es müsse vielmehr noch einmal überprüft werden, ob die Nutzeffekte der neuen Standards nicht übertrieben und die Kosten nicht unterschätzt worden seien. Die Verordnung hatte vorgesehen, dass Klimaanlagen ab 2006 gegenüber dem jetzt erlaubten Höchstverbrauch mit 30 Prozent weniger Strom laufen sollen. Bis zu 30 Prozent des Stroms fließen zum Beispiel in Kalifornien zu Spitzenzeiten im Sommer in die Klimaanlagen. Gerade erst vor zwei Wochen, am ersten warmen Tag des Jahrs, war es in Kalifornien schon wieder zu Blackouts gekommen. „Es ist doch erstaunlich, dass die neue Regierung gerade jetzt, wo sie ständig von der Energiekrise spricht, Standards kippen will, die uns mehr Energie sparen würden als alles, was wir in den letzten 20 Jahren getan haben“, wundert sich Dan Reicher, Staatssekretär im Energieministerium unter Clinton.

Wallström und Larsson wollen den Kioto-Prozess auch ohne die USA weiterführen. „Kein einzelnes Land hat das Recht, ein multinationales Abkommen für tot zu erklären. Die EU hält an dem Ziel fest, das Protokoll bis 2002 zu ratifizieren“, sagte Larsson. Allerdings will die EU den USA bei einem Ministertreffen am 21. April in Washington neue Vorschläge zur Umsetzung des Klimaprotokolls machen. Diese könnten bei den USA eher auf Zustimmung stoßen. Einzelheiten wurden aber nicht bekannt. Dänemarks Umweltminister Svend Auken regt schon länger an, den USA Zugeständnisse zu machen. Es sei besser, mit den USA eine Nulllösung zu vereinbaren, die erreichbar sei, als dass überhaupt nichts passiere.

REINHARD WOLFF, NICOLA LIEBERT