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Wo der Alte Fritz reitet

Am Wochenende findet der 15. Berliner Denkmaltag zum Thema Preußen statt. Führungen zu den Klassikern, aber auch zu den unbekannten Preußendenkmälern

Fünfzig Jahre hat es gedauert, bis der Alte Fritz auf der Straße Unter den Linden wieder an seinen ursprünglichen Standort gerückt wurde. Es waren nur ein paar Meter, die das Reiterstandbild Friedrich des Großen von Christian Daniel Rauch verschoben werden musste, hatte doch die DDR-Regierung 1980 bei der Wiederaufstellung des Denkmals den Sockel samt Plastik wegen einer Abbiegespur auf dem Boulevard in Richtung Osten versetzt. Den Preußenfans in der Hauptstadt war das egal. Sie waren froh, den Alten Fritz, der 1950 als Symbol des preußischen Militarismus von dort verbannt worden war, endlich wieder zu haben.

Es gehört zu den Erfolgen der Denkmalpflege im vergangenen Jahr, dass sie im Rahmen der Rekonstruktion des Lindenforums das Reiterstandbild – gegen die Interessen der Autolobby – erst sanieren und dann am originalen Standort platzieren konnte. Weniger durchsetzungsfähig war ihr Ansinnen, die gesamte Straße Unter den Linden in ihren historischen Abmessungen zu rekonstruieren. Der frühere Bau- und Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) lehnte das ab.

Trotz der Aufstellung des prominenten Reiterdenkmals hat die Denkmalpflege bei Bau- und Kunstwerken des 18. und 19. Jahrhunderts keinen leichten Stand. Im Spannungsfeld zwischen zukünftiger Hauptstadtplanung und dem Wiederaufbau der historischen Mitte spielt sie einen marginalen Part, auch wenn die nostalgische Sehnsucht nach dem alten Berlin derzeit salonfähig ist. Es erscheint paradox, so der Kunsthistoriker Helmut Börsch-Supan, dass gerade Denkmale der einstigen preußischen Residenz es schwer haben, sich selbst in Berlin gegen den baulichen Mainstream und die Begehrlichkeiten der modernen Großstadt zu behaupten.

Der 15. Berliner Denkmaltag vom 6. bis 8. April nimmt unter dem Titel „Berlin, Brandenburg, Preußen – das gebaute Erbe“ dies zum Anlass, um die historische Epoche Berlins von 1700 bis 1871 und deren kulturelle Bedeutung für die heutige Stadtentwicklung zu reflektieren. Zwar reiten die Veranstalter, das Landesdenkmalamt und der Bezirk Mitte, mit dem Thema auf der „Preußenwelle“ zum 300. Jahrestag der Krönung Friedrichs 1701 in Königsberg. Zugleich geht es jedoch um eine Zustandbeschreibung erhaltener sowie gefährdeter Baudenkmale, Kunstwerke und Ruinen im Hauptstadtbezirk, in der City West und Pankow. Und: Neben Vorträgen im Stadthaus an der Parochialstraße und Führungen entlang der „Highlights“ preußischer Bau- und Gartendenkmäler – wie dem Lustgarten, dem Alten Museum, den „Linden“ und dem Brandenburger Tor, Schloss Charlottenburg oder dem Tiergarten – widmet sich der Denkmaltag hauptsächlich weniger spektakulären Preußendenkmälern und -orten.

Das hat nicht nur Tradition bei Berliner Denkmaltagen, die sich häufig mit Kultur- und Baugeschichte in den Bezirken befassten. Außerdem wird Stadtforschung und Heimatkunde über den weniger augenfälligen Bestand betrieben. So werden der Garnisonfriedhof oder die Grabstellen preußischer Bürger des 18. und 19. Jahrhunderts aufgespürt und ein Rundgang durch die „preußische“ Spandauer Vorstadt angeboten. Die Parochialkirche und Sophienkirche, das Schadow- und Ribbeckhaus, die Ruine der Elisabethkirche von Schinkel oder der Invalidenfriedhof können besucht werden. Es sei beabsichtigt, so die Organisatorin Christine Wolf, dass „neben den Erfolgen der Konservatorenarbeit die Sorgenkinder der Denkmalpflege aus preußischer Zeit auf dem Programm stehen“. Vor allen sei Schloss Schönhausen, ein gänzlich erhaltenes Hohenzollernschloss, durch die „ungeklärte Nutzung gefährdet“.

Deutlich werden soll jedoch auch, dass in den vergangenen Jahren eine Sensibilisierung gegenüber der konservatorischen Arbeit eingesetzt hat, so Wolf. So ist das Zeughaus restauriert oder das Schloss Köpenick fast archäologisch untersucht worden. Schinkels Friedrichswerdersche Kirche wurde saniert, der Barockgarten in Charlottenburg wird 2001 für 3 Millionen Mark erneuert – und der Alte Fritz reitet wieder an alter Stätte. Doch viel zu wenig sei erreicht worden, es fehle an Geld und Personal, stöhnen die Berliner Denkmalschützer. Man ist geneigt, ihnen Recht zu geben.

ROLF LAUTENSCHLÄGER

Programm im Internet:www.stadtentwicklung.berlin.de

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