Kofi Annan verkündet Patentrezept gegen Aids

UNO verpflichtet Pharmakonzerne zu Verbilligung von Aids-Präparaten für Entwicklungsländer. Das soll Millionen Kranken helfen – und das Patentrecht vor preiswerten Raubkopien schützen

BERLIN taz ■ Pünktlich zum heutigen Weltgesundheitstag hat der UN-Generalsekretär einen Durchbruch beim weltweiten Kampf gegen Aids verkündet. Sechs führende Pharmakonzerne hätten zugesagt, ihre Preise für die 48 ärmsten Länder der Welt zu senken, erklärte Kofi Annan am Donnerstagabend nach einem Treffen in Amsterdam. Die Zusagen gingen „viel weiter, als irgendjemand von uns vor zwölf Monaten hätte vorhersagen können“.

Konkret, so Annan, sagten die Firmen Folgendes zu: „substanzielle Preissenkungen fortzuführen und zu beschleunigen, mit besonderer Berücksichtigung der am wenigsten entwickelten Länder, besonders denen in Afrika; anderen Entwicklungsländern auf Länderbasis weiterhin erschwingliche Medikamente anzubieten“ sowie „die Notwendigkeit der Erwägung anzuerkennen, qualifizierten Nichtregierungsorganisationen und einschlägigen Privatfirmen besseren Zugang zu HIV/Aids-Medizin zu gewähren“.

An dem Treffen waren Vertreter der Firmen Abbott Laboratories, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Glaxo Smith Kline, Hoffmann-La Roche und Pfizer beteiligt. Neben Kofi Annan trafen sie Gro Harlem Brundtland, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, sowie Peter Piot, Leiter des UNAIDS-Programms. Außer Abbott und Pfizer hatten die beteiligten Firmen bereits letztes Jahr eine Absichtserklärung gemeinsam mit fünf UN-Unterorganisationen unterzeichnet, in der sie sich verpflichteten, die Behandlung von Aidskranken in Entwicklungsländern zu verbessern. Die in den reichen Ländern geläufigen Therapien, die bis zu 15.000 Dollar im Jahr kosten, sind für Bewohner armer Länder vollkommen unerschwinglich.

Nach UN-Angaben haben seit Unterzeichnung der Absichtserklärung fünf Länder Preissenkungen mit den Pharmakonzernen ausgehandelt: Elfenbeinküste, Kamerun, Ruanda, Senegal und Uganda. Die Erfahrungen mit den Preissenkungen sind aber selbst nach Ansicht des UNAIDS-Programms eher zwiespältig, da auch die reduzierten Preise nur von einem sehr kleinen Teil der Bedürftigen aufgebracht werden können.

In den letzten Monaten ist der Druck auf die Pharmakonzerne, ihre Preise für arme Länder zu senken, immer größer geworden. Auch die Bundesregierung hat dazu aufgefordert. Die Strategie, Konzerne zu freiwilligen Preissenkungen zu bewegen, gilt als Alternative zum Vorgehen einiger Länder wie Südafrika, Indien und Brasilien, unter Umgehung des internationalen Patentschutzabkommens Trips billige Äquivalente von Aids-Medikamenten der großen Pharmakonzerne herzustellen oder zu importieren. Diese Praxis, die in Südafrika inzwischen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist, wird von der Welthandelsorganisation WTO abgelehnt und inzwischen auch von der UNO. Kofi Annan stellte klar: „Die UNO unterstützt das Trips-Abkommen voll.“ Denn „der Schutz geistigen Eigentums ist der Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente, Impfstoffe und Diagnoseprozesse“. DOMINIC JOHNSON
BRENNPUNKT SEITE 4