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Von nationalem Interesse ist nur das Öl

Anders als sein Vorgänger Bill Clinton zögert US-Präsident George W. Bush, den Nahen Osten zur Chefsache zu machen. Bislang lässt er Israels Premier Scharon freie Hand bei der Demonstration militärischer Überlegenheit

WASHINGTON taz ■ Eigentlich hatte US-Präsident George W. Bush gehofft, Israel und die arabischen Staaten würden das Palästinenserproblem unter sich regeln. Nur ein selbst gemachter Frieden ist ein guter Frieden, lautete das Paradigma seiner Nahost-Politik. Mit jeder Eskalation ist diese Linie schwerer durchzuhalten. Die Toleranzschwelle für Gewalt in der Region und damit auch der Preis für den „Hände-weg-Ansatz“ des Texaners im Weißen Haus ist zu hoch.

Vor den Kulissen reagierte die US-Regierung auf die israelischen Angriffe auf syrische Stellungen in Libanon am Montag auf die mittlerweile bekannte Weise. Außenamtssprecher Richard Boucher rief zur Zurückhaltung auf, wobei er die Hauptverantwortung für den Schlagabtausch der Hisbullah zumaß. Vor den Luftangriffen hatte der israelische Regierungschef Ariel Scharon vorsichtshalber bei US-Außenminister Colin Powell angerufen. Israel kommt in den öffentlichen Äußerungen der USA stets besser weg als seine arabischen Gegner.

Offiziell machte Bush zunächst keine Anzeichen, seine Zurückhaltung aufzugeben und sich persönlich in den Konflikt einzuschalten. Der US-Präsident delegiert lieber – in diesem Fall an seinen Außenminister und an seine Botschafter in der Region. Bush erwartet von den Politikern im Nahen Osten einen ähnlichen Führungsstil. Schließlich ist das nationale Interesse der USA im arabischen Raum aus seiner Sicht vor allem ein geschäftliches. So banal es klingen mag: Dreh- und Angelpunkt von Bushs Nahost-Politik ist das Öl.

Bisher funktioniert der passive Ansatz des Texaners allerdings nur für die israelische Regierung. Er gibt Scharon freie Hand bei der Demonstration militärischer Überlegenheit. Ansonsten ignoriert Bush die tatsächlichen Verhältnisse im Nahen Osten. Zum Beispiel, dass Delegieren für Syrien heißt, Fundamentalistengruppen wie die Hisbullah zu unterstützen. Oder dass die arabischen Regierungen von den USA erwarten, nicht nur mit ihnen zu verhandeln, sondern auch mit den Palästinensern. Palästinenserpräsident Jassir Arafat einfach zu ignorieren, geschweige denn ihn ins Weiße Haus einzuladen, kommt in der Region nicht gut an.

Hinter den Kulissen dürfte Bush langsam dämmern, dass er sich langfristig nicht aus dem Konflikt heraushalten kann. Gute Beziehungen zu arabischen Staaten wie Jordanien oder Ägypten sind ein Grundpfeiler seiner Nahost-Politik. Doch die eskalierende Gewalt frustriert die Regierungen in Kairo und Amman, die an einen ausgleichenden Einfluss der USA gewohnt sind. „Die USA können sich nicht einfach zurücklehnen und beide Seiten die Sache ausfechten lassen“, beschwerte sich der jordanische Botschafter in Washington, Marwan Muasher, vor einigen Wochen. Spätestens wenn Bushs Politik in Saudi-Arabien die Fundamentalisten an die Macht bringt, erweist sie sich endgültig als kontraproduktiv.

Schritt für Schritt lässt sich die US-Regierung deshalb doch in eine Vermittlerrolle im Nahen Osten hineinziehen. Auch wenn sie behauptet, Verhandlungen nur ermöglichen statt herbeiführen zu wollen. Vergangene Woche redeten palästinensische und israelische Militär- und Polizeivertreter im Haus des US-Botschafters über Fragen der gemeinsamen Sicherheit. Die Gespräche blieben ohne spürbares Ergebnis; mit seinen Initiativen hinkt das Bush-Team den aktuellen Ereignissen immer einen Schritt hinterher. Der US-Präsident zögert noch, den Nahen Osten wie sein Vorgänger Bill Clinton zur Chefsache zu machen. Doch auch ein Präsident nimmt den Telefonhörer mal selbst in die Hand. ELLY JUNGHANS

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