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Integration durch Spaltung

Schulsenator Böger will die Einrichtung von reinen Ausländerklassen ermöglichen, um den Sprachunterricht zu intensivieren. Kritiker fürchten die Rückkehr zu gescheiterten Konzepten

von DANIEL FERSCH und BERT SCHULZ

Vom kommenden Schuljahr an soll es in Berlin wieder reine Ausländerklassen geben. Ein Entwurf von Schulsenator Klaus Böger (SPD) ermöglicht, so genannte Förderklassen mit nicht oder kaum Deutsch sprechenden Schülern unter bestimmten Umständen in reguläre Klassen umzuwandeln. Diese sollen fünf Stunden zusätzlichen Deutschunterricht bekommen und aus höchstens 20 Schülern bestehen – rund ein Drittel weniger als derzeit in vielen Schulen der Innenstadtbezirke üblich.

Derzeit dürfen in Klassen laut Senat nicht mehr als ein Viertel der Schüler mangelhafte oder keine Deutschkenntnisse besitzen. Ist der Anteil höher, müssen Förderklassen mit höchstens 15 Schülern eingerichtet werden. Zwischen Vorschrift und Praxis klafft jedoch eine gewaltige Lücke: Würden die Vorgaben strikt umgesetzt, müssten „massiv mehr“ Förderklassen eingerichtet werden, kritisiert Sanem Kleff, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Mit dem Ende März verteilten Entwurf reagierte Böger auf Wünsche von Schulleitern. Es handle sich um ein „Zusatzmodell“, das „der Realität Rechnung trage“, aber nicht zur Regel würde, erklärte eine Sprecherin. Wie viele reine Ausländerklassen im kommenden Schuljahr eingerichtet werden, lasse sich derzeit nicht abschätzen.

Zwar weckt der Vorschlag bei der GEW Befürchtungen , dass damit die vor Jahren abgeschafften „Ausländerregelklassen“ durch die Hintertür wieder eingeführt werden könnten. Dennoch hält Sanem Kleff ihn für eine „mögliche Diskussionsgrundlage“, falls die erweiterte Betreuung und die Klassenobergrenze strikt eingehalten würde.

Ebenfalls vorsichtig positiv beurteilt der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Ozcam Mutlu, den Entwurf. Es müsse jedoch sicher gestellt sein, dass die Lehrpläne in den umgewandelten Förderklassen jenen regulärer Klassen entsprächen. Die Alternative zu reinen Ausländerklassen wäre die Verlegung zahlreicher Kinder an weit entfernte Schulen. Ein solches „Bussing-System“ hält Mutlu für unzumutbar.

Die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) bezeichnete die geplante Einrichtung von reinen Ausländerklassen als „Papierdiskussion“: In vielen „sozialen Brennpunkten“ sei dies bereits Realität. Der Sprecher des Türkischen Bundes (TBB), Safter Çinar, nannte die Regelung „von der Intention her sinnvoll“, da bestehende Klassen erhalten blieben. Trotzdem sollten die Schüler auch weiterhin möglichst schnell in reguläre Klassen aufgenommen werden.

Çinar äußerte sich gestern gemeinsam mit John zur Integrationspolitik. Damit wollten Ausländerbehörde und TBB Unstimmigkeiten bereinigen, die durch ein Interview von Barbara John entstanden waren. Darin hatte John der türkischstämmigen Bevölkerung mangelnde Integrationsbereitschaft vorgeworfen und gefordert, „türkische Mütter sollten mit ihren Kindern auch deutsche Lieder singen“.

Gestern zeigten beide Seiten demonstrativ Einigkeit. Einige Äußerungen seien „nicht zutreffend wiedergegeben“ worden, sagte Eren Ünsal, ebenfalls TBB-Sprecherin. Alle drei Redner betonten, dass zur Förderung von Einwanderern bessere Konzepte nötig seien. Konkret forderten sie die Einführung von Integrations- und Sprachkursen für Neuankömmlinge. Als Anreiz sollte der Abschluss eines solchen Kurses mit einer langfristigen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis verbunden werden. Zwangsmaßnahmen lehnten alle Beteiligten ab. „Bildung ist der wichtigste Integrationsfaktor“, betonte Eren Ünsal.

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