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Viva la E-Revolution!

Hochschuldemokratie durch neue Medien? Knallbunte Homepages reichen dafür nicht

Wenn die virtuelle Demokratie kommen soll, muss sie von den Hochschulen ausgehen: Hier sind die jungen schlauen Menschen mit Interneterfahrung und dem Wusch zur Weltverbesserung. Viva la E-Revolution!

Weltpremiere an der Uni Osnabrück: Die erste Wahl übers Internet war die zum Studierendenparlament 2000. Wer sich die entsprechende Chipkarte im Wahlbüro besorgt hatte, konnte von zu Hause aus abstimmen. Immerhin um drei Prozent stieg die bei Uni-Wahlen notorisch niedrige Wahlbeteiligung.

Für die rebellischeren Geister: Man entsinne sich des „Lucky Streiks“ im Wintersemester 1997/98. Von wegen unpolitische Studenten. Zu Zehntausenden protestierten sie damals gegen Studiengebühren und Hochschulpläne der Kultusminister. Von Hessen aus schwappte die Protestwelle durch die Republik, vor allem im Internet. Blitzschnell eingerichtete Websites informierten, per E-Mail vernetzten sich die Studis.

Doch beides blieben bisher einmalige Aktionen: In Osnabrück meckerten Studentenvertreter, weil die Technik nicht wie erwartet funktioniert hatte. Im Jahr 2001 beließ man’s bei Zettelurnen für die Stimmabgabe. Die Websites des Studentenstreiks sind inzwischen ein gern zitiertes Beispiel, wie die neuen Medien effektiv eingesetzt werden können. Aktuell ist jedoch von studentischer Vernetzung nichts zu spüren, wo sie zu erwarten wäre – angesichts der im Eiltempo durchexerzierten Umstrukturierung der Hochschullandschaft in NRW etwa. Sind mit dem Börsencrash der New Economy auch die Visionen der E-Demokratie gescheitert?

Die Voraussetzungen scheinen doch auf den ersten Blick ideal: Weil inzwischen auch für Germanistikstudis und sogar für die Profs E-Mail zum Alltag gehört, hat die elektronische Demokratie in den Unis mehr Chancen als bei der Vorstandskür eines Schützenvereins. Aber die herrschenden Mitbestimmungsstrukturen der Unis sind mit dem Innovationspotenzial des Internets inkompatibel.

Die Internet-Welt verspricht schnelle Infos und spontanes Engagement. Die andere besteht aus zähen Gremiensitzungen und langwieriger Bürokratie. Eine Elektronisierung kann daran nichts verbessern – nur eine grundlegende Reform. Ideal könnten dagegen Studierende das Internet nutzen, um etwa in den laufenden Reformdebatten überregional ihre Interessen zu vertreten. Die politische Hochschulgruppen und die Nachwuchsorganisationen der Parteien sind bereits gut vernetzt.

Das grundsätzliche Problem der Studentenvertreter ist aber geblieben: Die Mehrheit ihrer Kommilitonen interessiert sich weiterhin nicht dafür, was ihre Lobby treibt. Newsletter und Mailinglisten ändern nichts daran, dass die Uni für StudentInnen nicht (mehr) den Mittelpunkt ihres Lebens darstellt, sondern nur einen Lebensbereich zwischen anderen. Möglichst gut durchkommen durchs Chaos aus Schein-Anforderungen und überfüllten Seminaren, lautet ihr Motto. Dann auch noch Engagement in der Studentenvertretung? Nein, danke. Ändern tut’s sowieso nichts. Dieses Motiviationsproblem kann aber auch keine knallbunte Homepage lösen. Nicht die Verpackung, das Thema muss die Studierenden aktivieren – und das tut’s nur, wenn sie für sich schwere Nachteile befürchten. Einen Funken Hoffnung gibt’s für die Demokratisierung der Hochschule, wenn auch die Lehre virtuell wird: Viel versprechend erscheinen Uni-Informationssysteme, wie es sie in den USA bereits gibt. Wenn sich regelmäßig alle Studis einloggen, um ihren Stundenplan zusammenstellen und Seminarunterlagen herunterladen zu können, kann auch der Asta einer Massenuni dort leicht Unterstützer sammeln.

FIETE STEGERS

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