: Blaulicht und Martinshorn fehlten: „Schuldfrage ist klar“
■ Sechsjähriger nach Zusammenstoß mit Polizeiwagen außer Lebensgefahr / Staatsanwalt ist eingeschaltet
Freitagabend sprach die Polizei nur von einem Armbruch. Inzwischen ist klar, dass der Zusammenstoß eines Streifenwagens mit einem sechsjährigen Schüler in Horn weitaus schwerer ist: Der Junge kam mit Schädelbruch und Hirnblutung ins Krankenhaus und wurde in ein künstliches Koma versetzt. Erst Montagnachmittag war der Junge außer Lebensgefahr, musste aber weiterhin auf der Intensivstation behandelt werden.
„Die näheren Umstände des Unfalls müssen nun lückenlos aufgeklärt werden,“ forderte am Montag auch Innensenator Bernt Schulte (CDU). Denn ausgerechnet auf einem Ampelübergang – bei Grün – ist der Erstklässler am Freitagmittag vom Streifenwagen erfasst worden. Die Beamten hatten weder Martinshorn noch Blaulicht eingeschaltet, als sie zu einer Fahndung Richtung Autobahn gerufen wurden. Warum das nicht geschehen ist, muss jetzt geklärt werden. Polizeipräsident Rolf Lüken hat angekündigt, dass die Bremer Staatsanwaltschaft inzwischen in die Aufklärung mit einbezogen wurde.
„Die Schuldfrage ist aber im Prinzip doch klar“, meint Polizeisprecher Ronald Walther: Der Fahrer hätte Martinshorn und Blaulicht einsetzen müssen. Das sei zwar nicht zwingend vorgeschrieben. „Aber aufgrund der Örtlichkeit wäre das erforderlich gewesen. Außerdem ist jeder Fahrer verpflichtet, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen.“
Zurzeit verweigert der Fahrer des Wagens jede Aussage und ist krankgeschrieben. Sein Beifahrer soll heute als Zeuge zum Geschehen vernommen werden. Bei fahrlässiger Körperverletztung droht dem Beamten eine Geldstrafe, er kann den Dienst aber wieder aufnehmen.
Nach einem Bericht der Bild-Zeitung dagegen sollen die Polizeibeamten so gerast sein, weil „die Pommes auf dem Rücksitz nicht kalt werden sollten.“ Das wird von der Polizei entschieden dementiert: Nach der Auswertung des Funkverkehrs sei klar, dass die Streife bei der Fahndung eines Straftäters helfen und deshalb einen Kontrollpunkt an der Autobahn besetzen sollte. Eile war zwar geboten, die entsprechenden Signale allerdings auch.
Auch von dem Vorwurf der Vertuschung will die Polizei nichts wissen. Zwar war in den ersten Polizeimeldungen nur von Armbruch und nicht von lebensgefährlichen Verletzungen die Rede. Das sei allerdings der Erkenntnisstand vom Freitagnachmittag gewesen. „Der Junge war ansprechbar, darüber waren wir erleichtert und haben sofort reagiert.“ Erst abends sei klar geworden, dass der Junge schwerer verletzt war.
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