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CDU spricht Bauern tröstende Worte

Mit einem großen Agrarkongress will Vorsitzende Angela Merkel ihre Partei gegen die grüne Verbraucherministerin in Stellung bringen. Statt einer Agrarwende gehe es nur um die Fortentwicklung der alten christlich-sozialen Landwirtschaftspolitik

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Der Veranstaltungsort war trotzig gewählt. Für ihren Landwirtschaftskongress hatte die CDU-Parteichefin Angela Merkel die ehemalige Rinderauktionshalle am Alten Schlachthof im Osten Berlins ausgesucht. Zum Mittagessen gab es Fleisch von zwei Ochsen, um zu demonstrieren, so Merkel, was vom deutschen Rindfleisch zu halten sei. Aber wie das mit Symbolen so ist – man kann sie auch ganz anders verstehen: Tatsächlich war auch der Agrarkongress der CDU etwas lendenlahm.

Mehr als siebenhundert Teilnehmer waren gekommen, viele CDU-Landwirtschaftspolitiker aus den Regionen, oft selbst Landwirte oder Nebenerwerbsbauern. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner traf die Stimmung wohl am besten mit seinem Wort von der „riesigen mentalen Krise“ auf dem Land. Es sei „schlimm, wie die Bauern von der Gesellschaft bekämpft“ würden. Hier konnte Merkel, die etwas verloren wirkte unter den vielen stämmigen Männern im Saal, punkten mit Sätzen wie: „Wir sind die Partei, die den ländlichen Raum gestaltet“, oder „Die Menschen im ländlichen Raum brauchen Perspektiven statt Populismus“. Nein, Populismus sicher nicht, aber Wärme. Und davon gab Merkel genug. „Der Kanzler stellt die Bauern an den Pranger.“ Der Eindruck sei aber falsch, erklärte Merkel, dass wer „die Bauern beschimpft, automatisch die Verbraucher schützt“.

Die Union hat traditionell starken Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung. Doch in den langen Jahren der Regierung hatte auch der Leumund der konservativen Partei gelitten. Denn das Höfesterben war schon zu Zeiten der CSU-Landwirtschaftsminister Kiechle und Borchert ein Problem auf dem Land. Umso größer die Hoffnung auf den Widerstand gegen die Agrarwende. Ein älteres Parteimitglied mit schlohweißem Haar, der sich als „Agrarreserve auf dem Hof meines Sohnes“ vorstellte, sagte das so: „Ich hoffe, dass wir wieder mehr Unterstützung unter den Landwirten erhalten.“

Viele dachten hier ähnlich. Die „Gestaltung des ländlichen Raumes“ war denn auch das zentrale Thema Merkels. Dort wohne schließlich die „Hälfte unseres Volkes“. Und hier sei die Landwirtschaft noch immer „die Lebensader“.

Mit dem ländlichen Raum verbinden Angela Merkel und ihre CDU noch immer das Idyll schlechthin: eine „intakte Umwelt, ein günstiges Wohnumfeld für Familien, die Vereinskultur“. Ihr Konzept zu Belebung klingt dabei erstaunlich großstädtisch: „Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien und des Internets“. Schließlich könne man viele Arbeiten bald von überall aus machen.

Hauptkritik Merkels an Künast war erneut deren Ausrichtung auf die Ökolandwirtschaft. Es gehe nicht um eine Agrarwende, sondern um eine Fortentwicklung der alten Politik. Man dürfe auch den Kundenwunsch nicht „staatlich indoktrinieren“. Außerdem trügen an der jetzigen Agrarkrise ökologische und konventionelle Landwirtschaft doch eine „gleich verteilte Verantwortung“.

Ein Podiumsgast wollte gestern nicht einstimmen in das Wehklagen: der Vorstandssprecher von Bioland, Thomas Dosch. Auch er wollte nicht die konventionellen gegen die ökologischen Bauern ausspielen, sagte Dosch und erntete großen Applaus. Nur meinte er es anders als seine Vorredner: „Der eine nimmt ja dem anderen nichts weg: Die meisten Biohöfe waren doch vorher konventionelle – nur ist der Hof dann viel zukunftsfähiger.“

Damit sorgte Dosch für eine der wenigen Irritationen. Er hält den Verbraucher für den Verbündeten des Bauern – schließlich wollten die Landwirte ihre Tiere genauso gut behandelt sehen wie der Verbraucher – nur lasse es bislang der Marktdruck nicht immer zu. Da wollte ihm dann doch keiner mehr folgen: Dafür fühlten sich die meisten Teilnehmer viel zu sehr als Opfer.

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