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Im Saal „Harmonie“

Ist das Zuwanderungskonzept der Union liberaler als die Basis es erträgt? Das Wochenende brachte die Antwort

FRANKFURT/MAIN taz ■ „Fleisch hat Zukunft“ lautet das Motto der Internationalen Fleischwirtschaftlichen Fachmesse. Sie beginnt am nächsten Samstag. Am heutigen Samstag hat sich die CDU in der Frankfurter Messe eingemietet, Saal „Harmonie“. Wie die Fleischwirtschaft verbreitet die CDU Zuversicht, wie die Fleischwirtschaft blickt sie bang auf ihre Stammkundschaft.

Am Donnerstag hatten Angela Merkel und Edmund Stoiber ein gemeinsames Konzept zur Einwanderungspolitik vorgelegt. Mit einer Serie von sechs Regionalkonferenzen soll es unter die Parteimitglieder getragen werden. „Zuwanderung steuern. Integration fördern“ lautet der Titel. In Wahrheit ist es ein kaum verhülltes Bekenntnis zum Einwanderungsland Deutschland.

Seither rätseln sie in der CDU-Zentrale: Ist die Zuwanderungskommission unter Führung des liberalen Peter Müller der eigenen Basis davongeeilt? Hessen ist der ideale Testfall. Es ist das Land des Roland Koch, die Heimat von Dregger und Kanther. Hier haben CDUler im Wahlkampf begeistert Unterschriften gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gesammelt. Wenn das 13-Punkte-Papier in Hessen nicht zerrissen wird, dann ist es in der CDU mehrheitsfähig.

In der Parteizentrale in Berlin sind sie stolz. Anders als das Rentenplakat und die Kiep-Million haben sie die Abkehr vom alten Gastarbeiterdogma geschickt gehandhabt. Erst eine eigene Kommission eingesetzt. Dann die Leitkultur aufgepumpt, ehe die Rechte so richtig rebellierte. Wieder die Luft rausgelassen, ehe die Union allzu braun aussah. Der CSU beim Asylrecht die Zähne gezogen. Und trotzdem waren sie mit ihrem Zuwanderungskonzept schneller als die Bundesregierung. In Frankfurt steht jetzt Angela Merkels einziger Erfolg auf dem Spiel.

„Eine Volkspartei wie die CDU kann über eine solche Diskussion zerbrechen!“, warnt Roland Koch in seiner Rede. Doch der Wahlkampf in Hessen ist vorbei und so schwört ein demonstrativ moderater Ministerpräsident seine Zuhörer auf Friedfertigkeit ein. Integration sei „ein Stück Bringschuld und ein Stück Holschuld“, sagt Koch, der Wechsel von einem Land zum anderen sei in der globalisierten Welt eine Selbstverständlichkeit. Das Publikum greift den Ton auf – mit wenigen Ausnahmen. „Egal, wo ich geh’ und steh’, sind nur noch Kopftücher“, ruft eine Dame, an deren Halskettchen ein goldenes Kruzifix baumelt, „ich will hier keinen Islam.“ Sie erhält Beifall, aber keine Fürspecher am Saalmikrofon. Ähnlich gering bleibt das Echo, als Exminister Schwarz-Schilling dafür wirbt, auch nicht staatliche Verfolgung als Asylgrund anzuerkennen. So verläuft die Diskussion in Bahnen, die sogar Merkel und Generalsekretär Laurenz Meyer auf dem Podium erschlaffen lässt. Das einstige Angstthema Ausländer zieht zur Zeit nicht in der CDU: Aus Hessen und Thüringen sind zusammengenommen nicht einmal 300 Christdemokraten in den Saal „Harmonie“ gekommen, überwiegend Männer über 50. Bei der ersten Regionalkonferenz am Vorabend in Hamburg sah es nicht besser aus.

Für Merkel wird die Veranstaltung ein Erfolg, doch einer ohne Feuer. Die CDU-Basis nimmt die neue Linie zur Kenntnis, mehr nicht. Nur Hans-Jürgen Irmer blickt sorgenvoll auf den nächsten Wahlkampf. „Wenn ich sehe, dass die taz uns plötzlich lobt, frage ich mich schon: Haben wir alles richtig gemacht?“, fragt der hessische Landtagsabgeordnete. Im Saal liegt seine Wahlkreiszeitung Wetzlar Kurier aus. „Grüne Ausländerpolitik: Jetzt brechen alle Dämme“, heißt es dort auf Seite 1. PATRIK SCHWARZ

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