: Rechte Mobilmachung in Harburg
Demonstration gegen zunehmende Neonazi-Aktivitäten im Süderelberaum. Eine Hamburgerin organisiert Frauen in der braunen Mädelschar Deutschland ■ Von Peter Müller und Andreas Speit
Die „Antifaschistische Aktion Harburg“ macht mobil: Wegen der zunehmenden Verfestigung der Neonazi-Szene südlich der Elbe geht sie am Samstag auf die Straße: „Bei dieser Demonstration werden wir in die Stadtteile gehen, in denen sich die Faschisten treffen und ihnen klar machen, was wir von ihnen halten“, kündigt ein Antifa-Sprecher an. Hamburgs Verfassungsschutzchef Reinhard Wagner bestätigt die Tendenzen: „Wir verzeichnen seit einiger Zeit in der Harburger Skinhead-Szene eine rechtsextremistische Politisierung.“
Seit gut zwei Jahren sorgt vor allem im Stadtteil Wilstorf eine rund 15-köpfige Naziskin-Clique für Angst und Schrecken. Ihre Treffpunkte sind ein Imbiss, der Spielplatz Reeseberg und der Paschuapark, wo getrunken und Rechtsrockmusik gehört wird. Dabei sind die Skins mehrfach durch rassistische Pöbeleien und Übergriffe auf Ausländer und Linke aufgefallen. So hetzten sie Hunde auf zufällig vorbeikommende MigrantInnen oder überfielen einen stadtteilbekannten Antifaschisten in seiner elterlichen Wohnung. Wagner bestätigt: „Es hat in der Tat einzelne Übergriffe gegeben.“
Kopf der Gruppe ist nach Informationen der taz hamburg der 17-jährige Wilstorfer Tim St. Sein Aktionsfeld erstreckt sich bis ins nördliche Niedersachsen. So war er Mitorganisator von Neonazi-Aufmärschen in Tostedt (Nordheide) und verfügte über gute Kontakte zum inzwischen verbotenen Rechtsrock-Netzwerk „Blood & Honour-Nordmark“.
Mit von der Partie ist der Ex-Harburger Marco D., der über enge Beziehungen zur Neonazi-Szene in Bramfeld um den „Hamburger Sturm“-Aktvisten Torben Klebe verfügt. Der Kampftrupp „Hamburger Sturm“ ist im August vorigen Jahres von SPD-Innensenator Harmuth Wrocklage verboten worden. Über Bramfeld versorgt Marco D. die Harburger mit Neonazi-Propaganda. Schon jetzt tauchten in der Harburger Region neue Aufkleber zum Gedenktag für Rudolf Heß im August auf. „Die Bramfelder Gruppe ist für die Skinhead-Szene maßgeblich“, so Wagners Einschätzung.
Aber auch der biedere Arm der Rechten ist im Süden Hamburgs derzeit nicht tatenlos. Ausgerechnet am kommenden Samstag wollen die rechtsextremen Republikaner mit einem „Sicherheitsrundgang“ ihren Ortsverband reaktivieren, nachdem die Reps 1997 aus der Bezirksversammlung geflogen waren. Dafür war die rechtsextreme DVU mit 5,8 Prozent eingezogen. Da die DVU Hamburg als „Wahlkampfschwerpunkt“ auserkoren hat, ist damit zu rechnen, dass auch dieses Jahr erhebliche finanzielle Mittel für den Einzug in die Harburger Bezirksversammlung aufgebracht werden.
Denn mit ihren ausländerfeindlichen Parolen sind sie durchaus auf offene Ohren gestoßen. So hatte sich zu Jahresbeginn im Harburger Stadtteil Sinstorf eine Bürgerinitiative gegründet, um eine Flüchtlingsunterkunft im Quartier zu verhindern.
Die Demo beginnt um 13 Uhr am S-Bahnhof Harburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen