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Land fehlen noch sechs Milliarden Mark

Krisensitzung der großen Koalition: Um die Probleme der Bankgesellschaft zu lösen, muss das Land zusätzlich sechs Milliarden Mark Schulden machen. Strieder und Diepgen wollen Bankmanager für den Schaden haftbar machen

Die Geldprobleme des Senats sind vorbei, dafür hat er jetzt ein Schuldenproblem. Kredite in Höhe von 6 Milliarden Mark muss das Land noch in diesem Jahr aufnehmen, um zahlungsfähig zu bleiben. Ursprünglich sollten nur 3,6 Milliarden Mark zur Finanzierung des Haushalts aufgenommen werden.

In der nächsten Woche will der Senat einen entsprechenden Nachtragshaushalt beschließen. Etwa 4 Milliarden Mark fehlen der Bankgesellschaft, weitere 2 Milliarden Mark, ursprünglich aus Bankengewinnen eingeplant, müssen ebenfalls durch Kredite abgedeckt werden. Bisher hat das Land Berlin rund 70 Milliarden Mark Schulden und zahlt dafür 11 Millionen Mark Zinsen.

Zuerst wartet der Senat jedoch einen Bericht des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen zum Zustand der Bankgesellschaft ab. Dieser wird am Mittwoch vorliegen und den Finanzbedarf der Bankgesellschaft genau beziffern. Damit hatte sich bei der gestrigen Sitzung der Koalitionspartner SPD-Landeschef Peter Strieder durchgesetzt. Die Sozialdemokraten hatten angekündigt, sie würden keinen Nachtragshaushalt verabschieden, der nicht den vollen Geldbedarf der zu 56,6 Prozent dem Land gehörenden Bankgesellschaft berücksichtigt.

Strieder hatte das gestrige Zusammenkommen der Koalitionspartner verlangt, um die Finanzprobleme der Stadt zu debattieren und sich vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) über den Stand von insgesamt 23 Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen bei der Bankgesellschaft berichten zu lassen. Diepgen führt auch das Justizressort. Aus SPD-Kreisen war daher die Befürchtung geäußert worden, die Ermittlungen gegen den ehemaligen Chef der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp und stellvertretenden Parteivorsitzenden der CDU, Klaus-Rüdiger Landowsky, könnten dadurch beeinflusst werden.

Nach der dreistündigen Sitzung im Senatsgästehaus zeigten sich Diepgen und Strieder in diesem Punkt einig: Der Vorstand der Bank werde prüfen, ob ehemalige Manager der Gesellschaft für den finanziellen Schaden verantwortlich gemacht werden könnten. Dazu gehört auch Landowsky.

Von Neuwahlen, wie sie von Grünen, FDP und PDS gefordert werden, wollte der SPD-Chef Strieder hingegen nichts hören. Offenbar genießen die Sozialdemokraten, dass allein ihr Koalitionspartner CDU mit der Affäre befasst ist: Der CDU-Mann Landowsky hat sie mit verschuldet, CDU-Finanzsenator Peter Kurth muss das Finanzdebakel ausbaden, und der CDU-Chef Diepgen muss als Justizsenator für Aufklärung sorgen.

Viel Zeit für Streit gab es auf der gestrigen Krisensitzung, an der neben Diepgen, Strieder und Kurth auch Schulsenator Klaus Böger (SPD), der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Steffel sowie die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Petra-Evelyne Merkel, teilnahmen, ohnehin nicht. Diepgen hatte nämlich am Abend noch einen wichtigen Termin: Gegen 18 Uhr startete sein Flugzeug nach Kiew, wo er bis Dienstag zum Städtebesuch weilt. Nicht gerade ein Akt der Sparsamkeit: Die Kosten der Kurzreise liegen im fünfstelligen Bereich. DHE

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