: Theater muss leider draußen bleiben
Intendant Pierwoß greift Kultursenator an, weil ohne Beteiligung des Theaters an der Privatisierung des Philharmonischen Staatsorchesters gearbeitet wird. Staatsrätin Motschmann: „Stimmungsmache“
Kurz vor Ausscheiden Bernt Schultes (CDU) aus dem Amt als Kultursenator hat der Intendant des Bremer Theaters, Klaus Pierwoß, dem Politiker gestern einen eingeschenkt: „Sie haben vor unbequemen Argumenten Angst“, schrieb Pierwoß in einem offenen Brief an Schulte und mischte sich damit in die Diskussion um die Privatisierung des Philharmonischen Staatsorchesters in eine GmbH ein. „Zufällig haben wir davon erfahren, dass es einen Arbeitskreis gibt, doch wir als größter Auftraggeber des Orchesters sind daran nicht beteiligt“, sagte Pierwoß der taz. Kulturstaaträtin Elisabeth Motschmann (CDU) wies dies auf Anfrage zurück und warf Pierwoß Stimmungsmache vor.
Nach dem Willen des Kultursenators soll die „nachgeordnete Dienststelle“ Staatsorchester zusammen mit der ehrenamtlich arbeitenden Philharmonischen Gesellschaft in eine GmbH überführt werden. In einer auf Neudeutsch „Public Private Partnership“ genannten Form hätte die neu organisierte und professionalisierte Gesellschaft die Mehrheit. Dann könnte sie auch Geld einwerben, hofft Schulte. Pierwoß kritisiert diese Pläne in scharfer Form: „Damit zieht sich die Stadt aus der Verantwortung zurück.“ Er schlägt vor, dass die Gesellschafteranteile nach den Dienstzeiten vergeben werden: 65 Prozent der Anteile und damit auch des Einflusses soll demnach das Theater halten, die restlichen 35 Prozent die Philharmonische Gesellschaft. Wenn Schultes Pläne verwirklicht werden, fürchtet Pierwoß um den Einfluss bei Personalentscheidungen. Zurzeit wird gerade einE neue GeneralmusikdirektorIn gesucht. Noch im Sommer soll die Entscheidung fallen.
„Das Theater wird nicht ausgegrenzt“, sagt Motschmann. Auch die Kunsthalle sei privat, und doch ziehe sich die Stadt nicht aus der Verantwortung zurück. Zudem stehe im Entwurf des Kulturetats für die nächsten beiden Jahre eine Zuschusserhöhung von jährlich knapp einer Million auf mehr als zehn Millionen Mark. Der von Pierwoß genannte Abeitskreis, an dem das Theater nicht beteiligt ist, widme sich arbeits- und körperschaftsrechtlichen Fragen. Bis September, so hat es der Senat beschlossen, soll das Kulturressort unter dem designierten Schulte-Nachfolger Kuno Böse die Probleme gelöst haben. „Dann setzen die Beratungen unter anderem mit dem Theater ein.“ Die GmbH-Gründung ist offenbar so kompliziert, dass die Unternehmensberatung Roland Berger - auch zum Ärger von Pierwoß - den Prozess moderieren soll. „Roland Berger ist an der gesamten Verwaltungsreform beteiligt, wir können uns als Kulturressort nicht völlig verabschieden“, erklärt Motschmann. Auch bei der endgültigen Formulierung des Kulturentwicklungsplans (KEP) will sie die UnternehmensberaterInnen beteiligen. ck
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