: Fischer warnt vor Parlament
Außenminister verteidigt Bundeswehr-Einsatz im Kosovo vorm Bundesverfassungsgericht. Zu weitgehende Mitsprache des Bundestags gefährde außenpolitische Handlungsfähigkeit
KARLSRUHE/BERLIN dpa/afp/rtr ■ Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat gestern vor dem Bundesverfassungsgericht die Zustimmung der Bundesregierung zu Nato-Einsätzen außerhalb des Bündnisgebietes ohne Billigung des Bundestages gerechtfertigt.
Es handele sich bei dem 1999 beschlossenen neuen Nato-Konzept nicht um eine zustimmungspflichtige Änderung des Nato-Vertrages, sondern lediglich um eine Anpassung des Dokuments an veränderte politische Umstände, sagte Fischer in Karlsruhe, wo eine Organklage der PDS-Bundestagsfraktion verhandelt wurde. Das Konzept ermöglicht erstmals militärische Einsätze außerhalb des Bündnisgebietes, wie etwa die Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien im Kosovokrieg. Die PDS ist der Ansicht, die Zustimmung des Bundestags für eine derart weitreichende Änderung des Bündniszwecks sei im Grundgesetz vorgeschrieben. Dies verlangt in Artikel 59, Absatz 2, für „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln“, die Zustimmung des Bundestags.
Das Verfahren sei für die Bundesregierung von „größter politischer Bedeutung“, erklärte Fischer. „Es geht um die Handlungsfähigkeit der Regierung bei der Wahrnehmung ihrer internationalen Verpflichtungen.“ Er warnte, eine Niederlage der Bundesregierung vorm Verfassungsgericht hätte verheerende Folgen für die Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik und enge den Spielraum der Bundesregierung ein. Die Berechenbarkeit der Außenpolitik werde so gefährdet. Müsste das Parlament jeder Detailänderung eines Abkommens zustimmen, wäre die Bundesrepublik außenpolitisch praktisch reaktionsunfähig.
Nach den Worten von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), der ebenfalls nach Karlsruhe gereist war, bekräftigt das Konzept den fortdauernden Zweck des Bündnisses, das seit jeher ein umfassendes Verständnis von Sicherheit gehabt habe. Im Übrigen sei die neue Nato-Strategie in Washington von den Staats- und Regierungschefs nicht unterschrieben, sondern nur zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Das Konzept habe lediglich in einer Formulierung aufgenommen, was sich in der Nato in den vergangenen zehn Jahren verändert habe.
Ein Urteil in dem Verfahren wird nicht vor Herbst erwartet.
inland SEITE 7
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen