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Chefin und Sekretärin in einem

Ohne sie würden die meisten Handwerksbetriebe nicht funktionieren: Die Frauen und Freundinnen der Meister sind wichtige und billige Arbeitskräfte. Jetzt sind sie dabei, sich neben Wertschätzung auch ein Mitspracherecht in den Kammern zu erstreiten

von JUDITH WEBER

Die Managerinnen verlangen plötzlich Geld für ihre Arbeit. Die Personalchefinnen wollen nicht mehr jeden Mittag kochen. Und die Sekretärinnen fordern einen Arbeitsvertrag: Die Frauen und Freundinnen der deutschen Handwerker begehren auf gegen verkrustete Arbeitsstrukturen. Jahrzehntelang haben viele von ihnen ohne Geld und soziale Absicherung in der Firma ihres Mannes geholfen. Jetzt fordern immer mehr Frauen Gehalt, soziale Absicherung und Mitsprache in wichtigen Gremien. In Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg haben sie sich bereits das Stimmrecht im Handwerkstag erstritten.

„Die Frauen sind selbstbewusster geworden“, sagt Annegret Sanders, Vorsitzende des Bundesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk, in dem sich rund 9.000 Ehefrauen und Freundinnen von Handwerkern zusammengeschlossen haben: „Kaum eine will noch für ein Ei und ein Butterbrot im Betrieb mitarbeiten.“

Die Frauen wissen, dass sie für die Firmen unersetzlich sind. Rund eine halbe Million Ehefrauen und Freundinnen von Handwerksmeistern arbeiten bundesweit im Unternehmen ihres Mannes mit. Gerade kleine Firmen wären ohne sie am Ende, sagt Petra Kuse von der Handwerkskammer Nordrhein: „Sie schmeißen das Büro, kümmern sich um Kunden und treffen Investitions- und Einstellungsentscheidungen, während der Mann auf Baustellen unterwegs ist.“ In größeren Firmen übernehmen die Frauen häufig auch das Marketing und die Betreuung der Computersysteme, jede sechste ist an der Geschäftsführung beteiligt. Das zeigt eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Und als die Handwerkskammer Niedersachsen jüngst zu einem Vortrag über Kreditvergabe einlud, saßen zum ersten Mal in der Geschichte der Kammer mehr Frauen als Männer im Publikum.

Solche Ereignisse bringen Schwung in die Diskussion über die Rolle der Meisterfrauen. „Viele Betriebsgründungen wären ohne sie nicht möglich gewesen“, sagt Jürgen Rogahn, Geschäftsführer der Handwerkskammer Sachsen-Anhalt. Denn Ehefrauen und Freundinnen sind günstige Arbeitskräfte: Besonders die älteren unter ihnen beziehen kein vertraglich geregeltes Gehalt. Zwei von dreien zahlen nicht in die Rentenkasse ein und sind deshalb bei der sozialen Absicherung komplett auf ihren Partner angewiesen, heißt es in der RWI-Studie. Auf diese Weise senken die Frauen die Kosten, weil keine anderen Bürokräfte oder VerkäuferInnen eingestellt werden müssen. Außerdem machen sie die Firma weniger anfällig für Konjunkturschwankungen.

Die Handwerksbetriebe brauchen ihre Frauen. Und inzwischen tun sie auch etwas für sie. Viele Kammern und der Unternehmerfrauenverband bieten Fort- und Ausbildungskurse an. In familien- und betriebsfreundlichen Lernmodulen werden Quereinsteigerinnen zu Bürokauffrauen oder Fachwirtinnen für kaufmännische Betriebsführung im Handwerk. Ein staatlich anerkannter Beruf, wie ihn die Frauen seit Jahren fordern, ist das zwar nicht, aber die Kurse sind immer voll. Ältere Frauen bilden sich weiter, jüngere wollen eine praxisnahe Ausbildung und später dementsprechend bezahlt werden. Wenn das nicht klappt, ziehen die Frauen Konsequenzen: Sie suchen sich einen zweiten Job und haben dann weniger Zeit für den Betrieb.

Mit dem Selbstbewusstsein der Frauen steigt auch ihre Wertschätzung in den traditionellen Handwerksorganisationen. „Wir brauchen den Erfahrungsschatz der Frauen“, heißt es in den Kammern. Sie spielten „eine wichtige Rolle“. „Unsere Akzeptanz ist sehr hoch“, sagt Unternehmerfrauen-Vorsitzende Sanders. Nur im Mittelalter wurden die Frauen als Wirtschaftsfaktor höher eingeschätzt: Damals war ihnen in vielen Berufsständen die Mitarbeit wegen Wettbewerbsverzerrung verboten.

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