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Schnelle Rendite kontra Pflege von Wissenspotenzial

Bei der Hauptversammlung der Post AG steht der Vorstand unter Beschuss. Die Kritischen Aktionäre werfen ihm falsche Personalpolitik vor

KÖLN taz ■ Ein altes Spiel hat zur Zeit Hochkonjunktur beim größten Brief- und Logistikunternehmen Deutschlands: die „stille Post“. Unter den Beschäftigten herrscht Unmut über die arbeitnehmerfeindliche Unternehmenspolitik des Vorstandes der Deutschen Post AG. Aber keiner mag seinen Ärger so richtig zum Ausdruck bringen. Diesem Umstand abhelfen will der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Auf der heutigen Hauptversammlung des Unternehmens in Köln beantragen seine Vertreter die Nichtentlastung des Vorstands: Vor allem „die unsoziale Personalpolitik“ zerstöre das Wissenspotenzial im Unternehmen und gefährde damit langfristig auch den wirtschaftlichen Erfolg. Rund 1.500 Anteilseigner haben den Kritischen Aktionären ihre Stimmrechte übertragen.

Hintergrund der Umstrukturierungen ist, dass die Unternehmensführung die bislang nicht an der Börse gehandelten 70 Prozent Anteile mittelfristig ebenfalls dorthin bringen will. Outsourcing und Lohnabsenkungen, verbunden mit entsprechenden Renditevorstellungen, sollen zukünftigen AktionärInnen dabei Geschmack auf den Börsenneuling machen. Dabei kann der darauf verweisen, dass er seine Dividenden schon zwischen 1997 und 2000 um über 500 Prozent erhöht hat.

Schon im März 2000 haben die Tarifparteien im Hinblick darauf Änderungen ausgehandelt: Wer neu angestellt wird, erhält nur einen Bruchteil des Gehalts, das alteingesessenen Postmitarbeiterinnen ausbezahlt wird. Die Lohndifferenz liegt in der untersten Lohngruppe bei knapp 30 Prozent. In den anderen Gehaltsetagen müssen neu unter Vertrag genommene Angestellte auf 7 bis 25 Prozent des alten Tarifs verzichten.

Hinzu kommen Auslagerungen: Bis zum Jahre 2004 soll der Transportbereich zu einem Großteil an außenstehende Firmen vergeben sein. Für die Arbeitnehmerinnen bedeutet das weniger Lohn und teils prekäre Arbeitsverhältnisse.

Trotzdem halten sich die Postangestellten mit Kritik zurück. Eine Beschäftigte sagt, sie könne sich nicht äußern, da sie „gewerkschaftlich nicht so stark abgesichert“ und ihre Geschäftsstelle ohnehin nicht mehr Eigentum der Post sei. Aber auch in einer posteigenen Filiale wollen die Beschäftigten keinen Kommentar abgeben.

Jürgen Blohm, Pressesprecher der Deutschen Post Worldnet, gibt zu, dass die Zusteller in den Ballungsräumen überlastet seien. Die Arbeit sei „kein Zuckerschlecken“. Trotz des offensichtlichen Redeverbots schimpft ein Angestellter der Niederlassung Köln-West, dass er „knüppeldick auftragen könnte“, wenn er denn dürfte.

Auch Blohms Kollegin Monika Siebert wiegelt die Bedenken ab: Es handle sich nicht um Lohnkürzungen, sondern um eine „Angleichung an die üblichen Tarife an andere Unternehmen der Branche“. Überhaupt kann man in der Pressestelle die Aufregung nicht verstehen, schließlich seien „alle Interessen ausreichend berücksichtigt worden“. Aus Sicht der Post AG gebe es keine Abwärtsspirale im Lohnbereich. DIRK KRÜGER

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