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■ Rosi Rolands Bremer Klatsch-GeschichtenWovor hatte der Senat Schiss?

Normalerweise fasst der Senat einen Beschluss, wenn etwas gemacht oder verändert werden soll. In dieser Woche war es erforderlich, dass der Senat beschließt, dass nichts geändert wird. Thema der brisanten Angelegenheit: Die Lotto- und Toto-Abgaben. Zwischen 15 und 30 Prozent des Einsatzes bei Lotto- oder Toto-Spielen wird als „Zweckabgabe“ abgezweigt – für Sport, Kultur, Gesundheit, Umweltschutz und soziale Projekte. Das soll so bleiben, beschloss der Senat und der Finanzsenator musste eine Begründung auf neun Seiten dafür liefern.

Denn „der Annahmeverband als Interessenvertreter der Bremer Toto- und Lotto-Annahmestellen“ habe damit gedroht, sein Interesse an einer Erhöhung der Provision „möglicherweise in der Öffentlichkeit zu erörtern“. So jedenfalls ist die Begründung in der Senatsvorlage dafür, das die Bre,mer Landesregierung sich mit dem Thema befasste.

Der Hintergrund ist schlicht: „Das Einkaufsverhalten breiter Bevölkerungskreise“ verändert sich, mehr Menschen gehen in Einkaufszentren und weniger zum Kiosk an der Ecke. Das bekommen auch die Toto- und Lotto-Annahmestellen zu spüren: Ihr Anteil am Toto-Lotto-Umsatz sinkt. Was läge näher als die Provisionen zu erhöhen!

In der Beschlussvorlage wird seitenlang begründet, warum der Bremer Senat dem Interesse der Betreiber kleiner Annahmestellen für Lottoscheine nicht nachkommen will: Es gehe da nur um „Handelsvertreter im Nebenberuf“. Im Klartext: Wer glaubt, er könne allein vom Verkauf der Toto- und Lotto-Scheine leben, irrt. Außerdem hat der Senat einen Bundesvergleich erarbeitet, Fazit: „Die bremischen Annahmestellen sind im Schnitt kaum schlechter gestellt als der Schnitt der Annahmestellen im Bundesgebiet.“ Obwohl es bei der Bremer Toto Lotto-GmbH wie im Länderfinanzausgleich die sogenannten „Kosten der Kleinheit“ gibt, die berücksichtigt werden müssen.

Also sollen die Provisionen nicht steigen, sonst müssten ja die Prozente für die guten Zwecke gekürzt werden.

Fragt sich, gegen wen sich Finanzsenator Hartmut Perschau derart opulent argumentativ und per Senatsbeschluss wappnen muss. Hatte der Finanzsenator nur Angst vor einer Pressemitteilung des Lotto-Toto-Annahmestellenverbandes? Wohl kaum. Nur die Angst vor dem allgewaltigen Fraktionsvorsitzenden Jens Eckhoff vermag diesen Aufwand zu erklären, sagt Ihnen

Ihre Rosi Roland

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