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„Ist cooler“

Im Kulturhof Alter Teichweg fand gestern das zweite Hamburger Bewegungs-, Spiel- und Sportfest für Mädchen statt  ■ Von Philipp Sidhu

Es gibt Sportarten, die sind per Definition so machohaft, dass erst ein Nasenbeinbruch dem männlichen Hirn den benötigten Denkanstoß geben kann. Folgerichtig wurde gestern beim zweiten Hamburger Bewegungs-, Spiel-, und Sportfest für Mädchen im und um den Kulturhof am Alten Teichweg zum ersten Mal Boxen angeboten. „Letztes Mal war Schminken der Renner. Darauf haben wir dieses Jahr jedoch verzichtet, denn wir wollen die Mädchen nicht frühzeitig in eine Objektrolle hineindrängen. Im Augenblick ist Boxen total hip“, erzählt Nina Felz, Mitglied des Frauen-Bewegungs-Netzwerkes und eine der Organisatorinnen. Das bestätigt auch die 13-jährige Karina, die sich nach kurzem Zögern für den Faustkampf und gegen den zeitgleich angebotenen Workshop HipHop entschlossen hat: „Ist cooler“, erläutert sie ihre Entscheidung.

Die Notwendigkeit eines Sportevents ausschließlich für Mädchen begründet Ruth Arens, die für die Veranstaltung verantwortliche Sportwissenschaftlerin vom Verband für Turnen und Freizeit, mit der für Mädchen „eingeschränkten Bewegungs und Raumerfahrung“. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass Mädchen eher im oder nahe beim Haus spielen, während sich Jungen Straßen und öffentliche Plätze zu Eigen machen. Darum sei es wichtig, den Mädchen Räume anzubieten, in denen sie unter sich sind und ohne Beobachtung und Stress seitens der Jungen eigene Bewegungserfahrungen machen können.

Trotz oder wegen der sportwissenschaftlichen Hintergründe herrscht gutgelaunte Freibadstimmung. Die Geschlechtertrennung will Nina Felz jedoch nicht „als Defizitärveranstaltung, im Sinne von arme Mädchen toben sich mal richtig aus“, verstanden wissen, sondern als ernsthaftes sportliches Angebot. Die Mädchen sehen das pragmatischer. „Ist ganz gut ohne Jungs. Die lachen dann immer“, sagt die zwölfjährige Elahe. Verständnisvoll wird auf allen Seiten genickt. „Aber ohne ist auch irgendwie langweilig“, wirft Karina ein. Aus dem Nicken wird allerortens ein breites Grinsen. „Und beim Boxen könnte man denen mal zeigen, wie stark man ist“, erweitert die neunjährige Almedia. Die Frage, ob sie gesehen hätte, wie Regina Halmich Stefan Raab die Nase gebrochen hat, ruft ein fröhlich-wissendes Feixen hervor.

Die Biertrinker am U-Bahnhof Alter Teichweg interessiert das nicht. „Hühnerkampf? Halt ich nichts von“, gibt Manfred K. unter dem Gejohle seiner Kumpanen zum Besten. Hoffentlich bricht ihm Almedia auf dem Nachhauseweg nicht das Nasenbein.

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