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Schily ganz Chef

Kritik prallt am Innenminister ab: Opferschutz hat Vorrang vor Aufklärung. Birthlers Stasi-Akten-Behörde verbittet sich Einmischung

BERLIN rtr/dpa ■ Ungeachtet der Kritik aus den eigenen Reihen will Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Streit über die Herausgabe von Stasi-Akten über Personen der Zeitgeschichte nicht nachgeben. Schily sagte gestern, er wolle eine einvernehmliche Einigung mit der Leiterin der Gauck-Behörde, Marianne Birthler, müsse aber anderenfalls seine Rechtsaufsicht nutzen. Er habe Birthler geschrieben, dass sie sich bis zur Vorlage der Urteilsbegründung des Berliner Verwaltungsgerichts zu den Stasi-Akten von Exkanzler Helmut Kohl (CDU) ihre Meinung bilden könne. Dann müsse es aber eine Entscheidung geben. „Man kann das Gesetz nicht uminterpretieren“, betonte Schily. Das Verwaltungsgericht habe klar festgestellt, dass „Opferschutz Vorrang hat vor Aufklärung“. Einigen seiner Kritiker warf Schily Heuchelei vor. Als im Kampf gegen die organisierte Kriminalität die Telefonüberwachung durch die Polizei ausgeweitet wurde, hätten sie den Untergang der Demokratie beschworen. Aber über die Lauschangriffe der Stasi wollten sie die Akten veröffentlichen.

Die Stasi-Akten-Behörde will bei der Herausgabe von Prominentenakten auch künftig keine Einmischung von Schily. „Wir brauchen keine Ermahnungen aus dem Innenministerium. Wir haben ein Verfahren, das mit dem Rechtsstaat kompatibel ist“, erklärte ein Behördensprecher dazu. Die Behörde wolle nach dem Kohl-Urteil jedoch keine Klagewelle riskieren und prüfe jeden Fall „sorgfältigst“. „Es gibt trotzdem keinen Anlass, die Anträge auf Akteneinsicht einzuschränken.“ Derzeit lägen 2.000 Anträge von Medien und Wissenschaftlern vor.

Rückendeckung erhält Schily vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Für ihn sei „von Anfang an klar gewesen, dass die Position des Innenministers richtig ist“, sagte Joachim Jacob. Die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Ute Vogt (SPD), sprach sich für einen Kompromiss aus. „Es könnte sein, dass nur Teile der Akten herausgegeben werden“, schlug sie vor. Dann würde jeder einzelne Betroffene benachrichtigt und könnte die Herausgabe verhindern. Zugleich unterstützt Vogt Birthlers Vorhaben, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. „Ein Verwaltungsgericht kann die Grundregeln nicht so festlegen, dass sie quasi wie ein Gesetz behandelt werden können.“

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