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Haftbefehl im Mordfall Käsemann

Das Amtsgericht Nürnberg lässt den Verantwortlichen für die Ermordung der Deutschen Elisabeth Käsemann in Argentinien 1977 per Haftbefehl international suchen. Wenn der 77-jährige General Argentinien verlässt, kann er festgenommen werden

von BERND PICKERT

Zum ersten Mal hat ein deutsches Amtsgericht einen Haftbefehl gegen einen der Verantwortlichen für Mord und Folter der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) erlassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erließ das Amtsgericht Nürnberg am Mittwoch Haftbefehl gegen den 77-jährigen früheren Chef des 1. Heereskorps der Zone 1 der argentinischen Armee, Carlos Guillermo Suarez Mason. Er wird beschuldigt, für die Entführung und Ermordung der deutschen Studentin Elisabeth Käsemann 1977 verantwortlich zu sein. Suarez Mason lebt frei und durch Amnestiegesetze geschützt in Argentinien. Wenn er das Land verlässt, kann er jetzt überall auf der Welt verhaftet werden.

Dem Haftbefehl vorausgegangen waren über zwei Jahre staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen – und 24 Jahre des Wartens auf eine angemessene deutsche Reaktion auf die Ermordung einer deutschen Staatbürgerin durch die argentinische Diktatur. Zwei Monate vor ihrem 30. Geburtstag war Elisabeth Käsemann, Tochter des bekannten Theologieprofessors Ernst Käsemann, am 9. März 1977 in Buenos Aires verhaftet worden. Ihre zwei Tage später ebenfalls verhaftete beste Freundin, die britische Staatsbürgerin Diana Houstoun Austin, hörte im Folterlager die Schreie der Elisabeth Käsemann. Austin kam drei Tage später wieder frei, nachdem sich die britische Botschaft umgehend für sie eingesetzt hatte – das Auswärtige Amt unternahm, auch auf wiederholte Aufforderung der Angehörigen und verschiedener Menschenrechtsorganisationen, nichts dergleichen.

Am 24. Mai 1977 wurde Elisabeth Käsemann erschossen – nach Militärversion bei einem Feuergefecht zwischen Guerillaeinheiten mit den Militärs. Tatsächlich wurde sie, gefesselt und mit einer Kapuze über dem Kopf, von hinten erschossen.

Ein halbherzig betriebenes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tübingen wurde im Februar 1980 mit der Begründung eingestellt, dass „weitere Ermittlungsmöglichkeiten angesichts der ablehnenden Haltung der argentinischen Behörden nicht bestehen“.

Erst 18 Jahre später beginnt in Deutschland die „Koalition gegen Straflosigkeit“, ein Zusammenschluss von Menschenrechtsorganisationen, Anwälten und Angehörigen von deutschen oder deutschstämmigen Opfern der Diktatur, sich erneut für eine juristische Aufarbeitung der Morde in Deutschland einzusetzen, nachdem eine Strafverfolgung in Argentinien aufgrund der dort geltenden Amnestiegesetze nicht möglich erscheint. Im Februar 1999 stellt der Freiburger Rechtsanwalt Roland Beckert im Namen der Angehörigen Käsemanns bei der Staatsanwaltschaft Tübingen Strafanzeige und zugleich Strafantrag gegen zehn namentlich bekannte Verantwortliche der Diktatur. Darunter den Zone-1-Chef Carlos Suarez Mason, dessen unmittelbare Verantwortung für den Tod Elisabeth Käsemanns lückenlos nachzuweisen ist.

Der Haftbefehl gegen Suarez Mason ist der erste große Erfolg der „Koalition gegen Straflosigkeit“. Weitere könnten folgen – insgesamt sind bislang zwölf Einzelfälle in Deutschland anhängig.

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