: Braune Briefe
■ DVU-Post: SPD beauftragt Anwalt, die Deutsche Post will nicht zensieren
Vor jeder Wahl derselbe Ärger: Im Briefkasten liegt ein rosafarbener Brief mit dem Aufdruck „Wichtige Unterlagen zur Bürgerschaftswahl“, dessen Inhalt vor „Scheinasylanten“, „kriminellen Ausländern“, „Überfremdung“ und anderen rechtsextremen Unappetitlichkeiten strotzt. Die Deutsche Volksunion (DVU) sendet ihre Post an die Hamburger Haushalte, und stets zuckt die Deutsche Post mit den Achseln. Die SPD Mitte hat dagegen reagiert und ein DVU-Flugblatt zum Anlass genommen, juris-tisch gegen die Partei vorzugehen. Sie lässt prüfen, ob sich die DVU-Fraktion Mitte damit des Steuerbetruges schuldig gemacht hat.
Für das Flugblatt mit der Überschrift „Mord und Totschlag auf Hamburger Straßen – die DVU deckt auf, was andere verschweigen“ hat sich die DVU-Fraktion Mitte verantwortlich erklärt. Für die Bezirks-SPD liegt damit der Verdacht der Veruntreuung nahe, denn eine Fraktion aus einer Bezirksversammlung „darf keine Wahlwerbung für ihre Partei machen“, wie der stellvertretende SPD-Fraktionschef Markus Schreiber ausführt – und erst recht kein Fraktionsgeld für Wahlwerbung einsetzen. „Den so genannten Altparteien Steuergeldverschwendung vorzuwerfen und selber Steuergelder zu veruntreuen, stellt den Gipfel an Unverfrorenheit dar“, sagt Schreiber.
Zusätzlich sind zahlreiche Haushalte mit DVU-Post belästigt worden, die in einem neutralen roten Briefumschlag verschickt wurde. In dem befand sich unter anderem ein Aufkleber „Hamburg den Deutschen, Istanbul den Türken“ und ein Flugblatt, in dem Hamburger SPD-Größen früherer Tage wie Bundeskanzler Helmut Schmidt und Bürgermeister Herbert Weichmann aufgeführt werden – mit der Überschrift: „Auch sie würden DVU wählen.“ Zudem liegt ein Brief des Landesvorsitzenden Heinrich Gerlach, Fraktionschef in Wandsbek, bei.
Die Post gibt an, dagegen nichts machen zu können. „Im Umschlag versandte Werbung wird von uns nicht zensiert“, sagt Sprecher Jörg Koehns, „und darüber bin ich auch froh.“ Lediglich Postwurfsendungen dürften „auf den äußeren Seiten keine Dinge enthalten, die strafrechtlich von Belang sind“. Ansonsten könne „jeder hineinschreiben, was er will“. Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen