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Werben und Verkaufen mit der CDU

■ Fraktionschef Jens Eckhoff will Geld für Kulturmarketing verdoppeln, damit alle merken, was in Bremen los ist

Mit dem Theater, dem Musikfest und mehreren Museen gibt es in Bremen herausragende Kultureinrichtungen und -veranstaltungen, doch sie werden überregional kaum beachtet. Das will der CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff ändern. Im taz -Interview plädiert er für eine Verdoppelung des Marketingetats und nimmt zu weiteren aktuellen kulturpolitschen Fragen Stellung.

taz: Die Kultureinrichtungen und die Initiative Anstoß befürchten nach den Ankündigungen von Senator Bernt Schulte neue Einschnitte im Kulturetat. Sie hingegen haben jedoch mehrfach in Aussicht gestellt, dass der Etat von 133,8 Millionen Mark nicht gekürzt wird. Was ist denn die Wahrheit?

Jens Eckhoff: Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir unsere Zusagen einhalten und den Schrecken mildern können, den Senator Schulte der Kulturszene eingejagt hat. Wir werden uns mit unserer Fraktion dafür einsetzen, dass die im nächsten und übernächsten Jahr fehlenden 4,6 und 6,2 Millionen Mark nachbewilligt werden. Ich glaube nicht, dass die SPD-Fraktion das anders sieht.

Trotzdem wird es Veränderungen in der Kultur geben. Der Wunsch nach einem Ausgleich der Tarifsteigerungen wird nicht erfüllt werden. Die Einrichtungen müssen die selbst erwirtschaften. Das ist für viele keine leichte Aufgabe. Und wir werden mittelfristig nach der Verabschiedung des Kulturentwicklungsplans auch Schwerpunkte setzen. Das kann dann auch heißen, dass es für manche Einrichtung weniger Geld gibt. Wir müssen überprüfen, ob sie der Aufgabe noch gerecht werden, mit der sie gestartet sind.

Wann passiert das denn?

Ich gehe davon aus, dass wir im September/Oktober den Kulturentwicklungsplan verabschieden. Dann muss man sich verabreden, welche Schwerpunkte man setzt.

Dann werden diejenigen benannt, die keinen Platz mehr haben?

Oder die sich vielleicht auch überholt haben. Kein Platz mehr heißt ja: Alles, was wir fördern, ist sinnvoll. Das würde mich sehr wundern. Ich halte von einer kritischen Aufgabenüberprüfung und Schwerpunktsetzung mehr als von einer pauschalen Kürzung von einem oder zwei Prozent.

Auch bei einer Fortschreibung des Etats gibt es durch die Tarifsteigerung eine indirekte Kürzung. Zugleich fordern manche Einrichtungen mehr. Der Kunstverein zum Beispiel will für die Kunsthalle eine Million Mark mehr. Wo wollen Sie das hernehmen?

Der Kunstverein hat 1,4 Millionen Mark mehr bekommen. Trotzdem ist die Kunsthalle lange nicht so gut ausgestattet wie vergleichbare Einrichtungen. In Teilen ist die Forderung also berechtigt. Außerdem ist die Kunsthalle ein Musterbeispiel für privates Engagement. Nun darf man nicht den Fehler machen, das private Engagement zu unterdrücken. Wir wollen, dass auch andere Einrichtungen Freundeskreise aufbauen wie den Kunstverein mit seinen 5.000 Mitgliedern. Aber man darf auch nicht sagen: Die gesamten Kosten werden auf die Stadt abgewälzt. Deshalb müssen wir eine gemeinsame Lösung zusammen mit dem Kunstverein finden.

Es gibt aber einen Bereich in der Kulturpolitik, in dem wir zusätzlich aktiv werden müssen: Das ist das Kulturmarketing. Wir müssen unser Kulturangebot besser vermarkten. Zurzeit haben wir zwei Millionen Mark für Kulturmarketing, die über die Bremen Marketing Gesellschaft verteilt werden. Diese Mittel müssen mittelfristig deutlich aufgestockt werden. Ich denke mindestens an eine Verdoppelung, damit das Bremer Kulturangebot überregional stärker wahrgenommen wird. Unser Problem ist, dass wir nur sehr selten richtige überregionale Knaller haben, für die Leute aus ganz Deutschland herkommen.

Ist das nicht Wirtschaftsförderung?

Ja, klar. Das muss ein Schwerpunkt von Kulturpolitik mit Wirtschaftsfördermitteln sein. Wer 2010 Kulturhauptstadt werden will, muss kurzfristig mit der Vermarktung beginnen. Das Musikfest, die Museen, das Theater und auch die künftige Nutzung des Musicaltheaters müsste in eine überregionale Vermarktung viel stärker einbezogen werden. Das ist bisher nicht geschafft worden.

Bei fast allen Veranstaltungen gibt es die magische Grenze von 150 bis 200 Kilometern Einzugsgebiet um Bremen herum. Die Ausstellung „Der Blaue Reiter“ in der Kunsthalle war eine von ganz wenigen Ausnahmen.

Bei dem Erfolg der Ausstellung „Der Blaue Reiter“ müsste ein Wirtschaftssenator doch zugreifen und sagen, das machen wir öfter?

Ich weiß nicht, ob so etwas geht. Wir müssen aber zumindest den Eindruck erwecken, dass etwas wie der „Blaue Reiter“ mehrfach in Bremen stattfindet. Das Musikfest zum Beispiel hat seinen überregionalen Charakter bisher noch nicht gefunden. Das ist ein regionales Musikfest.

Trotzdem halte ich den Rückschluss für falsch, das Festival nur noch alle zwei Jahre zu machen. Das würde zu einem langsamen Absterben führen. Auch die meisten Sponsoren wollen den jährlichen Rhythmus. In überregionalen Festivalbeilagen ist das Musikfest Bremen bisher nie dabeigewesen. Selbst Festivals mit schlechteren Gästen sind da erwähnt. Das muss besser werden.

Das Musikfest hat sich früher dadurch ausgezeichnet, dass es verschiedene Locations hatte. Mittlerweile gibt es – vielleicht auch aus Kostengesichtspunkten – die Gefahr, dass das Musikfest zum Glockenfest wird.

Der von Ihnen einmal mit der gelben Karte verwarnte Kultursenator Bernt Schulte ist vom Platz gegangen. Jetzt steht bald ein neuer auf dem Spielfeld. Was soll der tun?

Senator Schulte hat sich selbst ausgewechselt. Er ist nicht vom Platz geflogen. Es steht mir nicht zu, seinem Nachfolger Kuno Böse Ratschläge zu geben. Nur einen kleinen Tipp habe ich: Man muss seine Zusagen im Kulturbereich auch einhalten und nie mehr zusagen, als man einhalten kann.

Eine bislang noch unerledigte Aufgabe ist die geplante Umwandlung des Philharmonischen Staatsorchesters in eine GmbH mit den Teilhabern Orchester und Philharmonischer Gesellschaft. Theaterintendant Klaus Pierwoß will das Modell nicht und fordert für das Theater die Mehrheit der Anteile. Was sagen Sie dazu?

Aus seiner persönlichen Sicht kann ich das verstehen. Aber die Chancen, die Musiker und die Philharmonische Gesellschaft stärker einzubeziehen, überwiegen. Es ist kein Modell gegen das Theater, sondern für das Orchester. Auch das Theater wird davon profitieren. Es ist doch eine Lachnummer, dass das Staatsorchester nur 600 Abonennten hat und Musica Viva 2.000. Wir haben jetzt die einmalige Chance, aus der Abbruchstimmung der letzten 20 Jahre herauszukommen und einen neuen Generalmusikdirektor zu finden, der Aufbruchstimmung verbreitet. Und die wünsche ich mir auch von den Musikern. Wir sind bereit, das neue Modell mit den nötigen Mitteln zwischen einer und 1,7 Millionen Mark mehr auszustatten.

Sie wollen mehr Geld für die Kunsthalle, für das Staatsorchester, die Kammerphilharmonie ausgeben: Fördert die CDU nicht schwerpunktmäßig die tradtionellen Kultureinrichtungen und macht überhaupt nichts Neues?

Die Kammerphilharmonie als traditionelle Einrichtung zu verstehen, ist eine mutige Aussage. Aber im Ernst: Wir versuchen unsere Stärken auszubauen. Ich habe auch immer gesagt: Wenn es neue Ideen gibt, sind wir offen. Bei der Schwankhalle ist es zum Beispiel gelungen, etwas Neues zu schaffen. Sie sehen: Wer mit guten neuen Ideen kommt, wird von uns mit offenen Armen empfangen.

Fragen: ck, HB

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