DIE PARTEIEN SOLLTEN SICH EIN NEUES FINANZIERUNGSGESETZ SPENDIEREN: Strafe muss sein
Wie nötig eine unabhängige Kommission zur Parteienfinanzierung war, lässt schon eine einzige ihrer 80 Empfehlungen ahnen: Das Gremium ist dafür, bei den Parteien „die doppelte Buchführung einzuführen“. In jeder kleinen Klitsche wird sie praktiziert; jeder Kaufmannslehrling beherrscht sie – nur bei den Parteien gilt sie nicht, obwohl die jährlich Millionen umwälzen, davon viele aus Steuergeldern. Doch dort ist bislang nicht vorgesehen, dass Einnahmen und Ausgaben getrennt werden, dass Vermögen, Erträge und Aufwendungen einzeln erscheinen. Stattdessen wird munter saldiert; am Ende steht irgendeine Summe, die sich vielleicht noch der Schatzmeister erklären kann.
Wenn es die CDU-Spendenaffäre nicht deutlich gemacht haben sollte, dann beweisen es die Kommissionsvorschläge: Bisher taugt das Parteiengesetz nicht, um Verstöße gegen den Artikel 21 des Grundgesetzes zu verhindern. Er verlangt eindeutig, dass Parteien „über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft ablegen“. Wer erwartet hätte, dass man sich einsichtig und einmütig um Verfassungskonformität bemüht, der irrt.
Streitpunkt 1 ist die „Strafbewehrung“: Warum nicht einfach wie im Handelsrecht Bilanzfälschungen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ahnden? Es ist nicht einzusehen, dass der Zweck des Wahlkampfes so heilig sein soll, dass Verstöße gegen Gesetz und letztlich Verfassung deswegen straffrei bleiben müssen. Allerdings: Genau diese skurrile Meinung scheint die Union zu pflegen.
Streitpunkt 2 sind historische und soziale Ungerechtigkeiten. So schmerzt alle Parteien, die nicht FDP, CDU oder CSU heißen, dass die meisten Spenden dorthin fließen. Unternehmer wählen nun mal eher rechts der Mitte – und leider haben sie das meiste Geld. Die Grünen schlagen daher schlau vor, die Spenden juristischer Personen zu begrenzen. Ein wenig praktikabler Einfall: Es würde längst nicht alle Firmeninhaber treffen, sondern nur jene, die bestimmte Rechtsformen für ihre Betriebe gewählt haben. Zudem schließt es Spenden von Strohmännern nicht aus.
Vielleicht sollte die Linken trösten, dass auch die Rechten neidisch sind. Sie ärgert, dass die SPD über ein Imperium an Druckereien und Medien verfügt. Zwar werfen die nicht immer Gewinn ab, im Gegenteil, aber das Potenzial ist nicht zu leugnen. Konsequent verlangt die Union, dass Parteien keine Unternehmen besitzen dürfen. Ebenfalls eine absurde Idee; das Synonym heißt Enteignung.
Bis zur nächsten Wahl soll ein neues Parteiengesetz verabschiedet sein. Zeit für eine kaufmännische Lehre. ULRIKE HERRMANN
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