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Belgien verhaftet Völkermordplaner

Protais Zigiranyirazo ist Schwager des einstigen Präsidenten Ruandas und war Mitorganisator von Todesschwadronen

BERLIN taz ■ Einer der berüchtigsten Organisatoren des ruandischen Völkermordes ist in Belgien festgenommen worden. Protais Zigiranyirazo, Schwager des einstigen ruandischen Präsidenten Juvenal Habyarimana, wurde am Donnerstagnachmittag auf Verlangen des UN-Ruanda-Tribunals verhaftet und soll jetzt an das Gefängnis des Tribunals im tansanischen Arusha überstellt werden. Er war am 9. Juni mit einem auf einen anderen Namen ausgestellten ruandischen Pass nach Belgien eingereist, war in Polizeigewahrsam gekommen und hatte Asyl beantragt. Die belgische Polizei konnte angesichts des UN-Haftbefehls nicht anders als ihn zu verhaften.

„Herr Z“, wie Zigiranyirazo in Ruanda bekannt ist, war vor dem ruandischen Völkermord von 1994 einer der Anführer eines informellen Netzwerks namens „Degré Zéro“ oder „Akazu“ im Umfeld seiner Schwester Agathe Habyarimana, Ehefrau des damaligen Präsidenten. Dieses Netzwerk wurde bereits vor dem Genozid von 1994 verdächtigt, Todesschwadrone zwecks Ermordung politischer Gegner und Tutsi aufgestellt zu haben (taz vom 24. 11. 92). Als langjähriger Präfekt von Habyarimanas Heimatregion Ruhengeri soll „Herr Z“ auch an der Ermordung der US-Gorillaforscherin Diane Fossey 1985 beteiligt gewesen sein, die dem Gorilla- und Goldschmuggel der ruandischen Staatsspitze auf die Spur gekommen war (taz vom 21. 10. 93). Die „Akazu“ gilt als organisatorische Zentrale des Völkermords; die Todesschwadronen des Netzwerks waren Kern der Milizen, die 800.000 Tutsi in Ruanda umbrachten, nachdem Präsident Habyarimana bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Wie alle anderen Mitglieder der Präsidentenfamilie durfte „Herr Z“ kurz nach Beginn des Völkermordes nach Frankreich ausreisen; die Familie wird seitdem von Frankreich finanziert und geschützt. „Herr Z“ ist das erste Mitglied des Habyarimana-Clans, das vom UN-Tribunal verhaftet worden ist. Es ist nicht bekannt, ob auch gegen seine nach wie vor unbehelligte Chefin Agathe Habyarimana ein UN-Haftbefehl vorliegt. Sein leitender Kollege an der Spitze des Akazu-Netzwerks, Seraphin Rwabukumba, soll frei in Brüssel leben.

DOMINIC JOHNSON

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